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Zweiter Teil. Integral-Rechnung.
Der Inhalt dieser Formel pflegt als erster Mittelwertsatz*) be
zeichnet zu werden. Die Formel (22) ist insofern allgemeiner
als (23), als sie auch dann Gleitung hat, wenn die Funktion
cp(x) zwar endlich, aber nicht durchaus stetig ist; dann braucht
sie nämlich den Mittelwert p nicht anzunehmen.
Die Formel (22) oder die Ungleichung (21) führt zu
b
einer Abschätzung des Wertes von j^cp(x)il:(x)dx, wenn sich
b a
das Integral ßl>(x)dx bestimmen läßt.
a
Wäre F(x) ein Integral von cp (x) ip (x), G(x) ein Integral
von ^(x), so daß
F'(x) = cp(x) {x),
also
G\x) =
F\x)
G\x)
cp{x),
so lautete die Formel (23):
F{V) - F(a) - -f| [ff(6) - ff(«)],
woraus
F{b) - F(a) F'(g).
G(b) — G{ä) G\iy
dies aber ist der Inhalt des erweiterten Mittelwertsatzes der
Differentialrechnung (39).
Beispiele. 1) Für das Integral
a
dx
|/(1 — X 2 ) (1 — K 2 X 2 )
(jc 2 <1, 0 < a < 1)
0
können Grenzen gewonnen werden, indem man die Funktion
in die Faktoren 1 — und y 1 zerlegt; der kleinste
yi — x* }/l — x 2 x s ° ’
Wert des letzteren auf dem Integrationsintervalle ist 1, der
größte Wert ■ . 1 infolgedessen ist, da
° -j/l-x 2 « 2 ’ Ö 7
*) Seine Formulierung stammt von P. G. L. Dirichlet, Werke I,
p. 1B8.