Vierter Abschnitt. Anwendungen der Integral-Rechnung. 335
323. Niveauflächen und Kraftlinien. Zu einer an
schaulichen Beschreibung eines Kraftfeldes führen die Niveau
flächen und die Kraftlinien.
Das Potential V ist eine Funktion der Koordinaten x,y,z
des Aufpunktes. Legt man sich die Frage nach Punkten des
Raumes vor, in welchen das Potential einen vorgeschriehenen
Wert C (aus den überhaupt möglichen Werten) besitzt, so ist
die Antwort durch den Ansatz
(22)
V = G
gegeben, dessen geometrisches Korrelat eine Fläche ist. Man
nennt eine solche Fläche, in deren Punkten das Potential einen
und denselben Wert hat, eine äquipotentielle Fläche oder, nach
A. Clairaut*), eine Niveaufläche.
Der Gesamtheit der möglichen Werte von C entspricht
eine einfach unendliche Schar von Niveauflächen, die wegen
der Eindeutigkeit der Potentialfunktion den Raum derart er
füllt, daß durch jeden Punkt nur eine Fläche geht.
Ist P ein Punkt der Fläche (22), so ist in jeder von ihm
in der Fläche ausgehenden Richtung (S)
dV
ds
= 0:
(23)
die in die Tangenten der Fläche fallenden Komponenten der
anziehenden Kraft sind also Null. Daraus folgt, daß die an
anziehende Kraft Fi selbst zur Niveaufläche nto'mal ist, daß
infolgedessen
(24)
gilt.
Die vorstehende Gleichung enthält eine wichtige, die La
gerung der Niveauflächen betreffende Eigenschaft. Der Normal
abstand dn zweier nahe benachbarten Niveauflächen, an ver
schiedenen Stellen gemessen, ist nämlich laut dieser Gleichung
der dort herrschenden Anziehungskraft invers proportional.
Umgekehrt kann also aus der Lagerung zweier benachbarten
Niveauflächen auf den Verlauf der Intensität der Anziehung
längs einer derselben geschlossen werden.
! ) Figure de la terre, 1743.