Full text: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung (2. Band)

Fünfter Abschnitt. Differentialgleichungen. 
385 
Mg. 185. 
aus demselben nicht durch Spezialisierung der Integrations 
konstanten ahleiten läßt, nennt man eine singuläre Lösung*) 
der Gleichung. 
Um sie aus dem allgemeinen 
Integrale 
(1) F(x, y,C)- 0 
zu finden, hat man auf dieses das 
Verfahren zur Bestimmung der Ein 
hüllenden anzuwenden, welches (165) 
darin besteht, daß man zwischen 
(1) und 
( 2 ) H = ° 
C eliminiert; das Resultat dieser Elimination sei die Gleichung 
(3) 0(x,y) = 0. 
In allgemeinster Auffassung bedeutet diese Gleichung den 
Ort solcher Punkte der Ebene, durch welche mindestens zwei 
Kurven des Systems (1) mit gleichem Parameterwerte C hin 
durchgehen. Das können aber außer Punkten der Einhüllenden 
auch mehrfache Punkte, insbesondere Knotenpunkte und Spitzen 
Mg. 186. 
Mg. 187. 
der Integralkurven, sein. Besitzen nämlich die Integralkurven 
Knotenpunkte (Pig. 186) oder Spitzen (Fig. 187), so ist der 
*) Das Auftreten einer singulären Lösung und ihre analytische Be 
stimmung hat A. Clairaut in der zu 344 zitierten Abhandlung an der 
Gleichung y' 2 — (x -f- 1)y -f- y = 0 gezeigt, die, wie man leicht erkennt, 
im Sinne der heutigen Terminologie eine Clairaut sehe ist. Doch fin 
den sich Gedanke und Verfahren und zugleich die Bezeichnung „singulär“ 
schon bei B. Taylor (Methodus incrementorum, 1715). An der weiteren 
Ausbildung dieses Teils der Theorie haben sich insbesondere J. La- 
grange, in jüngster Zeit A. Cayley und G. Darboux beteiligt. 
Czuber, Vorlesungen XI. 2. Aufl. 25
	        
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