Full text: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung (1. Band)

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Sechster Abschnitt. Anwendung der Differential-Rechnung usw. 547 
als den Ort ihrer Krümmungsachsen und die ßückkehrkante 
der Polarfläche als den Ort der Mittelpunkte der oskulierenden 
Kugeln definieren. 
Während dem Radius der ersten Krümmung eine mit der 
Kurve unmittelbar zusammenhängende geometrische Bedeutung 
zukommt analog jener bei ebenen Kurven, ist dies hei dem 
Torsionshalhmesser nicht der Fall; nur indirekte geometrische 
Interpretationen sind für ihn gefunden worden.*) Überhaupt 
ist der Kreis nicht geeignet, die Gestaltung einer Raumkurve 
im Kleinen, das heißt innerhalb eines engen Bereiches er 
schöpfend zu approximieren; dies könnte nur wieder eine Raum 
kurve leisten. Unter den Raumkurven kommt nun der gemeinen 
Schraubenlinie wegen ihrer besonders einfachen Krümmungs 
verhältnisse eine ähnliche Stellung zu wie dem Kreise unter 
den ebenen Kurven. Diese Erwägung hat zum Begriff der 
Schmiegungsschraubenlinie geführt; es ist dies jene Schrauben 
linie, die im betrachteten Kurvenpunkt dieselbe Tangente, die 
selbe Torsion und dieselbe Krümmungsachse hat wie die Kurve; 
die Achse ihres Zylinders enthält den kürzesten Abstand be 
nachbarter Hauptnormalen. Doch möge die bloße Erwähnung 
dieses Begriffs genügen. 
204. Spezielle Raumkurven. Die Formel (10) lehrt, 
daß der Mittelpunkt der oskulierenden Kugel mit dem Krüm- 
*) Eine solche, von B. de Saint-Venant [Journ. de l’ecole polytechn. 
15 (1835)] stammende Interpretation gründet sich auf folgende Betrach 
tung. Die Tangentendeveloppable der Kurve 
werde von einer Ebene geschnitten, die vom 
Punkte Ai den Normalabstand v hat und pa 
rallel ist seiner Normal ebene (Fig. 112). Das 
Bogendifferential QQ' der Schnittkurve kann 
durch vdt ausgedrückt werden, wenn dt der 
Kontingenzwinkel des Elements MM' der be 
trachteten Linie ist, und der Kontingenzwinkel 
dieses Bogen differentials unterscheidet sich nur 
um eine Größe höherer Ordnung von dem Winkel der Oskulationsebenen 
in M und M\ also von dem Torsionswinkel dd des Elements MM. 
In Folge dessen drückt sich der Krümmungsradius der Schnittkurve 
in Q durch 
Fig. 112. 
vdt 
dd
	        
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