Full text: Einführung in die höhere Mathematik

Geometrische Bedeutung des Differentialquotienten. 
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läge nähern wie die links von M schneidenden, daß also die Kurve 
im Punkte M nur eine Tangente besitzt. 
Auf die eben ausgeführte Betrachtung gründet sich die Aussage, 
eine Tangente habe mit der Kurve zwei vereinigt liegende Punkte 
gemein, die zusammen den Berührungspunkt ausmachen. 
57. Stetigkeit und Differenzierbarkeit. Beispiele beson 
derer Fälle. Die Existenz eines endlichen Differentialquotienten an 
einer Stelle x setzt Stetigkeit der Funktion in der Umgebung dieser 
Stelle voraus; denn, soll der Differenzenquotient (1) bei gegen Null 
konvergierendem Nenner einer bestimmten endlichen Grenze (oder der 
Grenze 0) sich nähern, so muß auch sein Zähler gegen Null abnehmen; 
das aber erfordert die Stetigkeit der Funktion. Umgekehrt folgt aus 
der Existenz eines endlichen Differentialquotienten die Stetigkeit der 
Punktion an der betreffenden Stelle. 
Daß aber die Stetigkeit keine zureichende Bedingung für das 
Vorhandensein eines Differentialquotienten überhaupt ist und auch 
nicht hindern kann, daß der rechte und linke Differeutialquotient ver 
schieden ausfallen, wird aus den folgenden Beispielen hervorgehen, die 
im Grunde genommen recht einfach definierte Funktionen betreffen. 
Durch Heranziehung komplizierterer analytischer Hilfsmittel ist es ge 
lungen, Punktionen zu konstruieren, die trotz Stetigkeit an unzählig 
vielen, ja selbst an allen Stellen eines Differentialquotienten entbehren 
und daher auch die Möglichkeit einer geometrischen Darstellung aus 
schließen. Indessen genüge hier die bloße Anführung der Tatsache, 
da derlei Funktionen doch nur rein theoretisches Interesse besitzen. 1 ) 
1. Ist f{x) — - X x , solange und /(0) = 0, so ist die so 
l + e* 
definierte Funktion an der Stelle x = 0 stetig und ihr Differenzen 
quotient daselbst: 
/(*)-/( 0) = l . 
h 1’ 
l + e h 
da nun 
lim = 1 und lim —-—- = 0, 
h=~0 — A = + 0 — 
1 -f e h l + e h 
so sind linker und rechter Differentialquotient verschieden. An dem 
Bilde der Punktion äußert es sich derart, daß im Ursprung, durch 
den die Kurve vermöge der Definition von /{x) geht, nicht eine, 
sondern zwei Tangenten existieren, oder daß dort die Tangente eine 
1) Literaturangaben über solch besondere Funktionen findet maninE.Pascals 
Repertorium der höheren Mathematik, deutsch von A. Schepp, I. T., 1900, 
S. 110—111.
	        
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