VIII. Abschnitt.
Analytische Geometrie der Ebene.
§ 1. Der Koordinatenbegriff.
151. Allgemeine Begriffsbestimmung. Es gibt zwei Methoden
der Untersuchung geometrischer Figuren und der Lösung geometrischer
Aufgaben; die eine, die synthetische, vollzieht ihre Schlüsse im geo
metrischen Gebiete, operiert also mit den geometrischen Gebil
den selbst; die andere, die analytische, überträgt die Untersuchungen
auf das Gebiet der Arithmetik, der Analysis, und operiert mit Zahlen.
Um dies ausführen zu können, bedarf es der Kennzeichnung oder
Beschreibung geometrischer Gebilde durch Zahlen. Solche Zahlen,
die geeignet sind, ein geometrisches Gebilde vollständig zu kenn
zeichnen, nennt man im weitesten Sinne des Wortes seine Koordinaten.
Das einfachste Gebilde, auf das man die Untersuchung aller
andern zurückführen kann, ist der Funld. An ihm ist lediglich die
Lage innerhalb eines andern, höheren Gebildes zu beschreiben; dazu
dienliche Zahlen werden als Punhthoordinaten bezeichnet.
152. Der Punkt in der G-eraden. Zwei Punkte einer Geraden
begrenzen eine in ihr liegende Streche. Mißt man diese mit einer als
Einheit angenommenen Strecke, so erhält man eine Zahl, die die ab
solute Länge der Strecke bestimmt.
Die Gerade kann in zweierlei Sinn durchlaufen werden; setzt man
A B C den e * nen Sinn als positiv, den andern als
1 ► negativ fest, so spricht man von einer gerich-
Flg ' u ' teten Geraden; der positive Sinn soll durch
einen Pfeil angedeutet werden (Pig. 44).
Liegt eine Strecke auf einer gerichteten Geraden und unterscheidet
man ihre Grenzpunkte als Anfangspunkt A und als Endpunkt B, so
erhält auch die Strecke einen Sinn, und zwar den positiven, wenn
das Fortschreiten von A nach B dem positiven Sinn der Geraden
entspricht; im andern Falle den negativen. Die hiernach mit dem
positiven oder negativen Vorzeichen versehene absolute Länge wird
die relative Länge der Strecke genannt. Im Grunde dieser Auffassung
gelten die Ansätze:
AB = —■ BA, AB + BA = 0, AB + BG+CA = 0,
der letztere für jeden dritten Punkt C der Geraden.