Fünfter Abschnitt. Differentialgleichungen.
273
(5) cp{x, y, y) = 0,
ist die besagte Differentialgleichung. Sie drückt die Beziehung
aus, welcher alle Linienelemente des Curvensystems (3) Genüge
leisten und heisst die Differentialgleichung dieses Curvensystems.
Daraus ergibt sich die wichtige Thatsache, dass ein einfach
unendliches Curvensystem analytisch in zweifacher Weise charak-
terisirt werden kann: durch eine endliche Gleichung zwischen
zwei Yariabeln und einem veränderlichen Parameter und durch
eine Differentialgleichung erster Ordnung mit denselben zwei
Yariabeln.
304. Bei Lösung von Aufgaben, welche Curvensysteme
betreffen, wird bald von der endlichen, bald von der Differen
tialgleichung mit Yortheil Gebrauch zu machen sein. Zur
Illustration mögen die folgenden Beispiele dienen.
Beispiel 1. Durch die Gleichungen
y — J) = m(x — a)
y — h'= m(x — d),
wenn darin m, m als veränderliche Parameter gelten, sind
zwei Strahlenbüschel mit den Mittelpunkten a/h, a'/b' be
stimmt. Besteht zwischen den Parametern die in Bezug auf
beide lineare Gleichung
ccmm' -f- ßm -{- ym'-j- ä = 0,
so sind dadurch die Strahlen beider Büschel in gegenseitig
eindeutiger Zuordnung, und der Ort der Schnittpunkte zugeord
neter Strahlen oder das Erzeugnis der beiden Büschel ergibt
sich durch Elimination von m, m zwischen obigen drei Glei
chungen, wodurch’
~ ty{y — b') + ß(x — d){y — b) + y(x — a)(y — b')
-f- d (x — a) (x — d) — 0
erhalten wird; dies aber ist eine Gleichung zweiten Grades in
Bezug auf x, y. Bas Erzeugnis zweier projectiven Strahlen
büschel*) ist also eine Kegelschnittslinie.
*) Das Wesen der Projectivität zweier Gebilde erster Stufe (Punkt
reiben, Strablenbüscbel etc.) besteht in der gegenseitig eindeutigen Zu
ordnung ihrer Elemente.
Czuber, Vorlesungen. II.
18