366. Singuläre Linienelemeute und singuläre Lösungen
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1. Durch, den Träger gehen zwei verschiedene Integralkurven und
berühren sich daselbst.
2. In dem Träger treffen zwei Äste einer und derselben Integralkurve
zusammen und haben dort dieselbe Gerade zur Tangente, die Kurve selbst
besitzt also eine Spitze in dem betreffenden Punkte.
3. Durch den Träger gehen zwei unendlich benachbarte Integral
kurven einander berührend hindurch.
Ein Ort von Trägern der dritten Art hat immer die Eigenschaft,
daß seine Linienelemente zugleich Linienelemente von Integralkurven sind,
mithin der Differentialgleichung genügen; er ist somit selbst eine Integral
kurve dieser Gleichung, aber eine solche von besonderer Art. Seine Stel
lung zu den Integralkurven drückt sich darin aus, daß er ihre Einhüllende
bildet. In der Tat, besitzt das System der Integralkurven eine Einhüllende,
so berühren sich in jedem ihrer Punkte zwei unendlich benachbarte In
dividuen und erzeugen dort ein singuläres Linienelement, das zugleich
Linienelement der Einhüllenden ist.
Bei Orten von Trägern der ersten und zweiten Art findet ein solches
Verhalten im allgemeinen nicht statt, sie sind also in der Regel keine
Integralkurven. Wir setzen fest:
Ein Ort von Trägern singulärer Linienelemente der Differentialglei
chung fix, y, y) = 0, dem diese Linienelemente selbst angehören, der also
die Differentialgleichung befriedigt, soll als eine singuläre Lösung der Glei
chung bezeichnet werden.
Diese Definition umfaßt auch andere Beziehungen der Integralkurven
zur singulären Lösung außer der bereits angeführten, wonach die singu
läre Lösung als Einhüllende der partikulären Lösungen erscheint.
Eine Schar singulärer Linienelemente führt also nur unter einer ge
wissen Voraussetzung zu einer singulären Lösung, die wir soeben in geo
metrischer Ausdrucksweise kennen gelernt haben; es handelt sich jetzt
um deren analytische Formulierung.
Soll der aus dem Gleichungspaar (2) durch Elimination von y her
vorgehende Punktort eine singuläre Lösung sein, so muß der Richtungs
koeffizient seiner Tangente im Punkte x/y übereinstimmen mit jenem y,
das die Gleichungen (2) für dieses Wertepaar x/y zur gemeinsamen
Wurzel haben.
Nun kann die Gleichung f(x, y, y) = 0 auch als Gleichung des