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Die Kegelschnitte als Kreisprojektionen.
Liegt irgend ein dem Kreise umgeschriebenes Sechsseit vor,,
bei dem indeß die Verbindungslinien zweier Gegenecken sich inner
halb des Kreises schneiden, so kann man (nach 266) diese Figur
einer Centralprojektion unterwerfen, bei welcher der Kreis in einen
Kreis und der Schnittpunkt jener Verbindungslinien in das Centrum
des Bildkreises übergeht. Man erhält damit ein Tangentensechsseit,
für welches der letzte Satz besteht. Man schließt hieraus die Gül
tigkeit des Brianchon’schen Satzes (276) für alle Tangentensechsseite
des Kreises der hier angenommenen Art und kann dieses Ergebnis
zum Ausgangspunkt für einen neuen Beweis des allgemeinen Satzes
nehmen.
Entstehung der Kegelschnitte aus der Centralprojektion des Kreises.
378. Wird ein Kreis aus einem außerhalb seiner Ebene E
gelegenen Centrum 0 auf eine andere Ebene TT projiziert, so er
zeugen die projizierenden Strahlen seiner Punkte einen (im allge
meinen schiefen) Kreiskegel mit der Spitze 0 und das Bild des
Kreises ergiebt sich als ein ebener Schnitt desselben.
Die ebenen Centralprojektionen des Kreises heißen
Kegelschnitte.
Das Wort: Kegelschnitt bedeutet ursprünglich den ebenen
Schnitt eines geraden Kreiskegels. Zwischen den ebenen Schnitten
eines geraden und eines schiefen Kreiskegels besteht aber (wie noch
zu beweisen sein wird) thatsächlich kein Unterschied.
379. Nach den Grundgesetzen der Centralprojektion einer Ebene
auf eine andere Ebene (vergl. 166 bis 169) übertragen sich gewisse
wesentliche Eigenschaften des Kreises ohne weiteres auf alle Kegel
schnitte.
Durchläuft ein Punkt P den Originalkreis, so bewegt sich mit
ihm sein projizierender Strahl OP und dessen Spurpunkt P 1 in der
Bildebene, so daß P x die Bildkurve von einem ihrer Punkte an bis
zu demselben zurück in einem ununterbrochenen Zuge beschreibt.
Man darf daher jeden Kegelschnitt, ebenso wie den Kreis, als
eine stetige geschlossene Kurve bezeichnen. Hierbei ist nicht
ausgeschlossen, daß in der geschilderten Bewegung der projizierende
Strahl OP zur Bildebene parallele Lagen durchläuft und der Kegel
schnitt sich folglich ins Unendliche erstreckt. Man hat ihn dann,
ähnlich wie die gerade Linie (vergl. 169), als im Unendlichen ge
schlossen aufzufassen.