SECHSTES KAPITEL.
Ebene und ßaumkuryen.
Unendlich kleine Gröfsen. Erzeugung ebener Kurven.
434. Bei dem Studium der Kurven wird es nötig von dem Begriff
der unendlich kleinen Größen Gebrauch zu machen; es er
scheint daher als unerläßlich auf diesen Begriff etwas näher ein
zugehen. Als unendlich klein haben wir jede Größe an
zusehen, die kleiner als jede beliebig kleine angehbare
Größe ist. Vergleichen wir zwei endliche Größen, so sagen wir,
daß dieselben in einem Verhältnis stehen, dieses Verhältnis drückt
sich durch eine endliche Zahl aus. Die Zahl kann hierbei entweder
genau angegeben werden oder sie liegt innerhalb zweier Grenzen,
deren Unterschied den Grad der Genauigkeit für das wirkliche
Verhältnis der beiden Größen angiebt. Setzt man an Stelle des
wirklichen Verhältnisses einen der beiden Grenzwerte, so begeht
man einen Fehler, der jedenfalls nicht größer ist als die Differenz
der Grenzwerte. Steht eine Größe zu einer endlichen Größe in
keinem endlichen Verhältnis mehr — oder läßt sich dieses
Verhältnis nicht mehr in endliche Grenzen einschliessen — so ist
jene Größe entweder unendlich klein oder unendlich groß.
Unendlich kleine Größen, die von einander abhängig sind, können
untereinander verglichen werden; es dient dabei eine als Maßstab
der übrigen, die mit ihr in irgend einem festen Zusammenhänge
stehen. Von mehreren unendlich kleinen Größen ist stets eine als
unabhängig, die anderen sind als von ihr abhängig zu betrachten,
die erstere heißt unendlich klein von der 1. Ordnung, die
letzteren können von verschiedener Ordnung unendlich klein sein.
Zwei unendlich kleine Größen, die in einem endlichen Verhältnisse
stehen, nennt man unendlich klein von derselben Ordnung.
Größen heißen unendlich klein von der 1., 2., 3. ... m. Ordnung,
wenn sie zu der 1., 2., 3. . . . m. Potenz einer unendlich kleinen
Größe 1. Ordnung in einem endlichen Verhältnis stehen. Die Zahl
m kann hierbei auch gebrochen oder irrational sein; für unsere
Untersuchungen kommen indeß nur ganze Zahlen in Betracht,
wenigstens bei geeigneter Wahl der als unabhängig veränderlich
gedachten Größe.