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Ebene und Raumkurven.
durch einen Grenzübergang definiert, indem man zunächst eine
Gerade durch zwei getrennte Punkte der Fläche legt und diese
dann sich gegenseitig nähern und schließlich zusammenfallen läßt.
Zieht man auf einer Fläche irgend eine Kurve, so ist jede ihrer
Tangenten auch Tangente der Fläche und enthält zwei unendlich
nahe Punkte derselben. In j edem Punkte P einer Fläche giebt
es unendlich viele Tangenten, die im allgemeinen in einer
Ebene — der Tangentialebene der Fläche in P — liegen.
Zieht man nämlich irgend zwei Tangenten t x , t 2 im Punkte P der
Fläche, so schneidet die Ebene t x t 2 die Fläche in einer Kurve, die
in P einen Doppelpunkt besitzt, da sowohl t x als t 2 mit der
Schnittkurve im Punkte P zwei unendlich nahe Punkte gemein haben.
Jede Gerade der Ebene t x t 2 durch den Punkt P hat mit der Kurve
und sonach mit der Fläche zwei zusammenfallende Punkte gemein,
d. h. sie ist Tangente der Fläche; hiermit ist aber unsere Be
hauptung erwiesen. Es kann allerdings in einzelnen Punkten der
Fläche Vorkommen, daß jede Gerade durch ihn die Fläche in zwei
zusammenfallenden Punkten schneidet; ein solcher Punkt heißt dann
Knotenpunkt unserer Fläche, jede Ebene durch ihn schneidet eine
Kurve aus, die in ihm einen Doppelpunkt besitzt. Denn, giebt es
eine Gerade t 3 durch P, die dort die Fläche in zwei zusammen
fallenden Punkten schneidet und nicht in der Ebene t x t 2 liegt, so
enthält jede Ebene durch t 3 außer t 3 noch eine weitere Tangente
der Fläche im Punkte P und damit unendlich viele Tangenten.
469. Daß die Tangenten in einem Punkte P einer Fläche im
allgemeinen in einer Ebene liegen, kann noch klarer durch folgende
Überlegung eingesehen werden, die an die obige Definition der Fläche
anknüpft. Wir gehen zu diesem Zwecke von dem Kurvensysteme
aus, durch das die Fläche erzeugt worden ist, und betrachten die
durch P verlaufende Kurve h des Systems und ihre Nachbarkurve Z.
Wir wählen dann auf l zwei unendlich nahe Punkte A und P, deren
Entfernung von P ebenfalls unendlich klein ist, so daß das Dreieck
ARB unendlich klein ist, aber endliche Winkel zeigt. Theilen wir
jetzt den Kurvenbogen AB durch Punkte C x , C 2 , C 3 , ... C n — wo die
Zahl n über jede Grenze wachsen mag — so sind die Geraden
RC X , BC 2 . , . PC n Tangenten unserer Fläche; diese schließen aber
mit der Ebene ARB unendlich kleine Winkel ein, können also als
in dieser Ebene liegend angesehen werden. Daß eine Gerade PG
mit der genannten Ebene einen unendlich kleinen Winkel einschließt,
folgt daraus, daß die Entfernung des Punktes G von der Sehne AB,
und damit auch von der Ebene ARB, unendlich klein von der