Full text: Gesammelte mathematische Werke (1. Band)

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mäßig, den Namen „Ideal“, der in der Zahlentheorie bereits gebräuchlich 
ist, beizubehalten. 
Mit diesen Idealen läßt sich nach gehöriger Erklärung der 
Multiplikation ganz nach denselben Regeln rechnen, wie mit rationalen 
Funktionen. Insbesondere ergibt sich der Satz, daß jedes Ideal auf 
eine einzige Weise in Faktoren zerlegbar ist, welche selbst nicht 
weiter zerlegt werden können und daher Primideale genannt werden. 
Diese Primideale entsprechen den linearen Faktoren in der Theorie 
der ganzen rationalen Funktionen. Auf Grund derselben gelangt 
man zu einer völlig präzisen und allgemeinen Definition des „Punktes 
der Riemannschen Fläche“, d. h. eines vollkommen bestimmten 
Systems von Zahl werten, welche man den Funktionen des Körpers 
widerspruchslos beilegen kann. 
Eine darauf gegründete formale Definition des Differential 
quotienten führt sodann zu der Geschlechtszahl und zu einer ganz 
allgemeinen, eleganten Darstellung der Differentiale erster Gattung. 
Hieran schließt sich der Beweis des Riemann-Rochschen Satzes 
über die Anzahl der willkürlichen Konstanten in einer durch ihre 
Unendlichkeitspunkte bestimmten Funktion, und die Theorie der 
Differentiale zweiter und dritter Gattung. Bis zu diesem Punkte 
kommt die Stetigkeit und Entwickelbarkeit der untersuchten Funktionen 
in keiner Weise in Betracht. Es würde z. B. nirgends eine Lücke 
bleiben, wenn man das Gebiet der benutzten Zahlen auf das System 
der algebraischen Zahlen beschränken wollte. Dadurch wird ein 
wohl abgegrenzter und ziemlich umfassender Teil der Theorie der 
algebraischen Funktionen lediglich durch die seiner eigenen Sphäre 
ungehörigen Mittel behandelt. 
Freilich ergeben sich alle diese Resultate durch einen weit 
geringeren Aufwand von Mitteln und als Spezialfälle einer viel 
umfassenden Allgemeinheit aus Riemanns Theorie; allein es ist 
bekannt, daß diese Theorie bezüglich einer strengen Begründung 
noch gewisse Schwierigkeiten bietet, und bis es gelungen ist, diese 
Schwierigkeiten vollständig zu überwinden, dürfte der von uns be 
tretene Weg oder wenigstens ein verwandter, wohl der einzige sein, 
der für die Thorie der algebraischen Funktionen mit befriedigender 
Strenge und Allgemeinheit zum Ziele führt. So würde sich die 
Theorie der Ideale selbst außerordentlich vereinfachen, wenn man 
den Begriff der Riemannschen Fläche und insbesondere den eines
	        
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