Full text: Gesammelte mathematische Werke (3. Band)

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an einen festen Grenzwert und namentlich bei dem Beweise des Satzes, 
daß jede Größe, welche beständig, aber nicht über alle Grenzen wächst, 
sich gewiß einem Grenzwert nähern muß, nahm ich meine Zuflucht zu 
geometrischen Evidenzen. Auch jetzt halte ich ein solches Heranziehen 
geometrischer Anschauung bei dem ersten Unterrichte in der Differen 
tialrechnung vom didaktischen Standpunkte aus für außerordentlich 
nützlich, ja unentbehrlich, wenn man nicht gar zu viel Zeit verlieren 
will. Aber daß diese Art der Einführung in die Differentialrechnung 
keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit machen kann, wird wohl 
niemand leugnen. Für mich war damals dies Gefühl der Un 
befriedigung ein so überwältigendes, daß ich den festen Entschluß 
faßte, so lange nachzudenken, bis ich eine rein arithmetische und 
völlig strenge Begründung der Prinzipien der Infinitesimalanalysis 
gefunden haben würde. Man sagt so häufig, die Differentialrechnung 
beschäftige sich mit den stetigen Größen, und doch wird nirgends 
eine Erklärung von dieser Stetigkeit gegeben, und auch die strengsten 
Darstellungen der Differentialrechnung gründen ihre Beweise nicht 
auf die Stetigkeit, sondern sie appellieren entweder mit mehr oder 
weniger Bewußtsein an geometrische, oder durch die Geometrie ver- 
anlaßte Vorstellungen, oder aber sie stützen sich auf solche Sätze, 
welche selbst nie rein arithmetisch bewiesen sind. Zu diesen gehört 
z. B. der oben erwähnte Satz, und eine genauere Untersuchung über 
zeugte mich, daß dieser oder auch jeder mit ihm äquivalente Satz 
gewissermaßen als ein hinreichendes Fundament für die Infinitesimal 
analysis angesehen werden kann. Es kam nur noch darauf an, seinen 
eigentlichen Ursprung in den Elementen der Arithmetik zu entdecken 
und hiermit zugleich eine wirkliche Definition von dem Wesen der 
Stetigkeit zu gewinnen. Dies gelang mir am 24. November 1858, und 
wenige Tage darauf teilte ich das Ergebnis meines Nachdenkens 
meinem teuren Freunde Du re ge mit, was zu einer langen und leb 
haften Unterhaltung führte. Später habe ich wohl dem einen oder 
anderen meiner Schüler diese Gedanken über eine wissenschaftliche 
Begründung der Arithmetik auseinandergesetzt, auch hier in Braun 
schweig in dem wissenschaftlichen Verein der Professoren einen 
Vortrag über diesen Gegenstand gehalten, aber zu einer eigentlichen 
Publikation konnte ich mich nicht recht entschließen, weil erstens 
die Darstellung nicht ganz leicht, und weil außerdem die Sache so 
wenig fruchtbar ist. Indessen hatte ich doch schon halb und halb
	        
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