Full text: Gesammelte mathematische Werke (3. Band)

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daran gedacht, dieses Thema zum Gegenstände dieser Gelegenheits 
schrift zu wählen, als vor wenigen Tagen, am 14. März, die Ab 
handlung: „Die Elemente der Funktionenlehre“, von E. Heine 
(Grelles Journal, Bd. 74) durch die Güte ihres hochverehrten 
Verfassers in meine Hände gelangte und mich in meinem Entschlüsse 
bestärkte. Dem Wesen nach stimme ich zwar vollständig mit dem 
Inhalte dieser Schrift überein, wie es ja nicht anders sein kann, aber 
ich will freimütig gestehen, daß meine Darstellung mir der Form 
nach einfacher zu sein und den eigentlichen Kernpunkt präziser 
hervorzuheben scheint. Und während ich an diesem Vorwort schreibe 
(20. März 1872), erhalte ich die interessante Abhandlung: „Über die 
Ausdehnung eines Satzes aus der Theorie der trigonometrischen 
Reihen“, von G. Cantor (Math. Annalen von Clebsch und Neumann, 
Bd. 5), für welche ich dem scharfsinnigen Verfasser meinen besten 
Dank sage. Wie ich bei raschem Durchlesen finde, so stimmt das 
Axiom in § 2 derselben, abgesehen von der äußeren Form der Ein 
kleidung, vollständig mit dem überein, was ich unten in § 3 als das 
Wesen der Stetigkeit bezeichne. Welchen Nutzen aber die wenn auch 
nur begriffliche Unterscheidung von reellen Zahlgrößen noch höherer 
Art gewähren wird, vermag ich gerade nach meiner Auffassung des 
in sich vollkommenen reellen Zahlgebietes noch nicht zu erkennen. 
* §1- 
Eigenschaften der rationalen Zahlen. 
Die Entwicklung der Arithmetik der rationalen Zahlen wird hier 
zwar vorausgesetzt, doch halte ich es für gut, einige Hauptmomente 
ohne Diskussion hervorzuheben, nur um den Standpunkt von vorn 
herein zu bezeichnen, den ich im folgenden einnehme. Ich sehe die 
ganze Arithmetik als eine notwendige oder wenigstens natürliche Folge 
des einfachsten arithmetischen Aktes, des Zählens, an, und das Zählen 
selbst ist nichts anderes als die sukzessive Schöpfung der unendlichen 
Reihe der positiven ganzen Zahlen, in welcher jedes Individuum durch 
das unmittelbar vorhergehende definiert wird; der einfachste Akt 
ist der Übergang von einem schon erschaffenen Individuum zu dem 
darauffolgenden neu zu erschaffenden. Die Kette dieser Zahlen bildet 
an sich schon ein überaus nützliches Hilfsmittel für den menschlichen 
Geist, und sie bietet einen unerschöpflichen Reichtum an merkwürdigen
	        
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