481
Bedeutung besitzen. In der Note zu der Pariser Preisaufgabe ist
die Darstellung mit Benutzung der Central- oder Normal-Variabein,
die sieh auch in meinen Papieren findet, von H. Weber gewiß des
halb vorgezogen, weil sie die unmittelbare Ausführung der Riemann’-
schen Vorschriften ist (Hypoth. d. Geom. II. 2), während die oben an
gedeutete, äußerlich variabeinlose Ableitung wohl einige allgemeine
Erörterungen nothwendig gemacht hätte. Auch der Nachweis der
Übereinstimmung mit dem Gauß’sehen Krümmungsmaß scheint mir
in dieser erläuternden Note nicht überflüssig zu sein, da sie selbst für
den Fall n = 2 nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden konnte.
Ihr Beweis, den ich soeben in der Abhandlung (in Grelle 72) nach
gesehen habe, macht denselben allerdings überflüssig, sobald die
Übereinstimmung für n ~ 2 schon gewiß ist; ich gebe auch zu, daß
in Ihren Arbeiten der Inhalt der Note, obgleich sie ganz unabhängig
von denselben, lediglich nach den Vorschriften Riemann’s abgefaßt
ist, größten Theils enthalten ist, und ich bedaure, daß wir versäumt
haben, dies zu bemerken, was bei einer hoffentlich bald nöthigen
neuen Auflage jedenfalls nachgeholt werden soll. Der von Ihnen
beabsichtigten neuen Publication über diesen Gegenstand, und nament
lich über die Bedeutung der oben erwähnten Covarianten, sehe ich
nun, da ich mich in diese Untersuchungen wieder einzudenken anfange,
mit großem Interesse entgegen, und ich bitte Sie, ja nicht aus Rück
sicht auf mich oder Andere Etwas zu unterdrücken. ...
[Als Ergänzung zu den ersten Briefen seien hier noch einige Aufzeichnungen
■wiedergegeben, die P. Bernstein sich nach einem Besuch bei Dedekind am
6. März 1911 machte und die er freundlich zur Verfügung stellt:
, Wir sprachen dann von Dirichlet und Kummer. Dedekind sagte,
daß nach seiner Ansicht bei Kummer doch vielerlei nicht haltbar sei; z. B. werde
der Satz, daß die Norm des Produktes gleich dem Produkt der Normen sei, ein
fach vorausgesetzt. In der französischen Ausgabe [XLVIII] habe er auch seinen
Bedenken Ausdruck gegeben.
,K ummer wollte übrigens gar nichts von meinen Untersuchungen wissen.
Als ich nach Berlin kam, um meinen Freund H. Weber zu besuchen, da ging ich
auch zu Kummer, und da empfing er mich gar nicht freundlich. Er sagte: Sie
kommen wohl, um zu sehen, ob ich nicht bald abgehe. Ich sagte darauf: Ich
komme, um den Mann zu sehen, den ich aufs höchste verehre und dem ich die
größte Anregung meines Lebens verdanke. Da wurde er etwas freundlicher, und
zum Schluß kamen wir ganz gut auseinander. Er machte meiner Theorie haupt
sächlich das zum Vorwurf, was eigentlich genau betrachtet ihr Vorzug ist, nämlich
daß ich die Ideale, die in der Diskriminante aufgehen, ganz wie die andern be
handele; die seien eben etwas total Verschiedenes, das dürfe man nicht durch
einanderbringen. 1 “
Dedekind, Gesammelte Werke, TU.
31