Full text: Abhandlungen (1888 - 1902) und Reden (3. Band)

REDE AM 3. AUGUST 1900. 
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zusammenzufassen, die Unregelmässigkeiten, die Unstetigkeiten im Planum 
heranziehen, um ein vollständiges Bild der Landschaft entwerfen zu können. 
Ähnlich ergeht es dem Analytiker, welcher die Lösungen von Differential 
gleichungen characterisiren will. 
In einem Gebiete veränderlicher Grössen geben diejenigen Stellen, wo 
die Lösungen der Differentialgleichungen ein gleichmässiges, einförmiges Ver 
halten zeigen, keine directen Anhaltspunkte zur Beurtheilung der Natur der 
Lösungen. Erst die Stellen, wo die Lösungen ihre Einförmigkeit verlieren, 
seien es Punkte, Linien oder Flächen, sind die Elemente, aus welchen sich 
die Individualität der Lösungen entwickelt. Diese Unregelmässigkeiten nennen 
wir singuläre Stellen. Ihre Auffindung ist das erste, freilich oft mühsame 
Geschäft des Analytikers. Das Studium des Verhaltens der Lösungen in der 
Umgebung der singulären Stellen ist der nächste Schritt. Die dritte ent 
scheidende Aufgabe ist die, die Einwirkung des Verhaltens der Lösungen in 
der Umgebung der singulären Stellen auf den Werthvorrath jener für jede 
beliebige Stelle des Gebietes der unabhängigen Veränderlichen zu erkennen. 
Zur Herstellung dieser Erkenntniss muss man sich nicht scheuen, alle Theile 
der Mathematik, wie fern sie auch zu liegen scheinen, in Contribution zu 
ziehen. 
Die Integration der Differentialgleichungen in dem bezeichneten Sinne 
hat dem in älterer Zeit geübten planlosen Transformiren derselben gegen- [22 
über den Vorzug, dass auf rationellem Wege die Natur der Lösungen aus 
dem, was die Differentialgleichungen selber über sie aussagen, erforscht wird. 
Aber man wird die Schwierigkeit der Aufgabe schon daraus ermessen, dass 
jede aufs Gerathewohl herausgegriffene Differentialgleichung immer eine neue 
Eunctionenklasse characterisirt, deren erschöpfende Erforschung oft eine ganz 
neue Disciplin erschaffen müsste. Es kann hiernach ebensowenig eine allge 
meine Regel für die Integration der Differentialgleichungen angestrebt werden 
als es in der Medicin angezeigt wäre, nach einem Universalmittel zur Heilung 
aller Krankheiten zu trachten. Aber es ist in erkenntnisstheoretischer Hin 
sicht schon als ein hoher Gewinn zu bezeichnen, dass der Weg, welchen 
man zu gehen hat, gewiesen ist, -mag man in seiner Verfolgung bei der ein 
zelnen Aufgabe auch auf zeitweise unüberwindliche Schwierigkeiten stossen. 
Die Bemühungen auf diesem Gebiete sind aber des Schweisses der Edlen 
Fuchs, mathom. Werke, m. 54
	        
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