Full text: [Höhere Arithmetik] Theorematis arithmetici (2. Band)

THEORIA RESIDUORUM BIQUADRATICORUM. COMMENTATIO SECUNDA. 175 
Von der andern Seite wird hierdurch die wahre Metaphysik der imaginären 
Grössen in ein neues helles Licht gestellt. 
Unsere allgemeine Arithmetik, von deren Umfang die Geometrie der Alten 
so weit überflügelt wird, ist ganz die Schöpfung der neuern Zeit Ursprünglich 
ausgehend von dem Begriff der absoluten ganzen Zahlen hat sie ihr Gebiet stufen 
weise erweitert; zu den ganzen Zahlen sind die gebrochenen, zu den rationalen 
die irrationalen, zu den positiven die negativen, zu den reellen die imaginären 
hinzugekommen. Diess Vorschreiten ist aber immer anfangs mit furchtsam zö 
gerndem Schritt geschehen. Die ersten Algebraisten nannten noch die negativen 
Wurzeln der Gleichungen falsche Wurzeln, und sie sind es auch, wo die Auf 
gabe , auf welche sie sich beziehen, so eingekleidet vorgetragen ist, dass die Be 
schaffenheit der gesuchten Grösse kein Entgegengesetztes zulässt. Allein so we 
nig man in der Allgemeinen Arithmetik Bedenken hat, die gebrochenen Zahlen 
mit aufzunehmen, obgleich es so viele zählbare Dinge gibt, wobei eine Bruchzahl 
ohne Sinn ist, eben, so wenig durften in jener den negativen Zahlen gleiche Rechte 
mit den positiven deshalb versagt werden, weil unzählige Dinge kein Entgegen 
gesetztes zulassen: die Realität der negativen Zahlen ist hinreichend gerechtfer 
tigt , da sie in unzähligen andern Fällen ein adäquates Substrat finden. Darüber 
ist man nun freilich seit langer Zeit im Klaren: allein die den reellen Grössen 
gegenübergestellten imaginären — ehemals , und hin und wieder noch jetzt, ob 
wohl unschicklich, unmögliche genannt — sind noch immer weniger eingebürgert 
als nur geduldet, und erscheinen also mehr wie ein an sich inhaltleeres Zeichen 
spiel, dem man ein denkbares Substrat unbedingt abspricht, ohne doch den rei 
chen Tribut, welchen dieses Zeichenspiel zuletzt in den Schatz der Verhältnisse 
der reellen Grössen steuert, verschmähen zu wollen. 
Der Verf. hat diesen hochwichtigen Theil der Mathematik seit vielen Jah 
ren aus einem verschiedenen Gesichtspunkt betrachtet, wobei den imaginären 
Grössen eben so gut ein Gegenstand untergelegt werden kann, wie den negati 
ven: es hat aber bisher an einer Veranlassung gefehlt, dieselbe öffentlich bestimmt 
auszusprechen, wenn gleich aufmerksame Leser die Spuren davon in der 17 99 
erschienenen Schrift über die Gleichungen, und in der Preisschrift über die Um 
bildung der Flächen leicht wiederfinden werden. In der gegenwärtigen Abhand 
lung sind die Grundzüge davon kurz angegeben; sie bestehen in Folgendem. 
Positive und negative Zahlen können nur da eine Anwendung finden, wo
	        
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