Full text: [Wahrscheinlichkeitsrechnung und Geometrie] (4. Band)

ANWENDUNG DER WAHRSCHEINLICHKEITSRECHNUNG ETC. 
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Fristen z. B. aller 5 oder 10 Jahre, indem man immer die neu hinzugekommenen Erfahrungen mit benutzt, 
und sieht nur dann den Ueberschuss als theihveis disponibel an, wenn er sich wirklich vergrössert hat. 
Aber auch abgesehen von diesen beiden Umständen, oder mit andern Worten, auch wenn man ei 
nen bestimmten Zinsfuss und eine bestimmte Zahl alljährlich im Durchschnitt beitretender neuer Mitglie 
der zum Grunde legt, scheint doch die Schwierigkeit der Abschätzung fast unüberwindlich, da die ver 
schiedensten Verhältnisse vom Alter der Ehegatten eintreten, der Wiederverheirathung verwitwet gewor 
dener nicht einmal zu gedenken. In jener Beziehung scheint also der Begutachter nur ungefähr auf Einer 
Linie zu stehen mit demjenigen, der den Plan von einer der vielen Witwenkassen hätte im Voraus prü 
fen sollen, die ohne strenge Berücksichtigung des Lebensalters der eintretenden Ehepaare errichtet, fast 
alle zu Grunde gegangen sind. (Wenn Herr Universitätsrath K. glaubt, dass es auch bei allen diesen Kas 
sen an Calciil nicht gefehlt haben w'erde, so hat er ohne Zweifel Hecht; wenn er aber daraus auf die Bo- 
denlosigkeit der Wahrscheinlichkeitsrechnung schliessen will, so hat er Unrecht. Allerdings gibt es viele 
Wörter, mit denen verschiedene Personen verschiedene Bedeutungen verbinden, imgleichen solche, die 
wissenschaftlich eine sehr bestimmte Bedeutung haben, unter denen man aber im gemeinen Leben oft sehr 
disparate Dinge zusammenwirft. So ist es mit dem Ausdruck Wahrscheinlichkeitsrechnung bewandt. Im 
strengen Sinne verstanden kann von Anwendung derselben in allen den Fällen gar nicht die Rede sein, 
wo die nöthigen Grundlagen fehlen. Bei allen den gescheiterten Witwenkassen ist bei der Anordnung der 
Einrichtung von der strengen Wahrscheinlichkeitsrechnung gar kein Gebrauch gemacht, sondern nur von 
vagen Apercüs. Dies spreche ich hier nur als Thatsache aus, aber nicht als Vorwurf, da in der That eine 
Basirung auf Wahrscheinlichkeitsrechnung schon darum unmöglich war, weil alle nothwendigen Bedingun 
gen dazu fehlten). Allein in dem vorliegenden Fall ist es zwar unmöglich, ein Endresultat nach der Wahr 
scheinlichkeitsrechnung aus den einzelnen Elementen zu ermitteln, eben weil diese Elemente fehlen, wohl 
aber bietet die hundertjährige Erfahrung bei der Kasse selbst, wenn sie auf die rechte Art ausgebeutet 
wird, einen reichen Schatz zur Grundlage dar. Diese Erfahrungen werden daher erst gesammelt und ge 
ordnet werden müssen. Ich setze die Anlegung eines Buches voraus, in welchem von der ersten Stiftung 
der Gesellschaft an die sämmtlichen Mitglieder, ohne Ausnahme, nach der chronologischen Ordnung des 
Eintritts verzeichnet werden, nebst allen den Angaben, die für den in Rede stehenden Zweck relevant sind. 
Allerdings würden diese Erfahrungen ein noch viel fruchtbareres Material darbieten, wenn von sämmtlichen 
betheiligten Personen auch Geburtsjahr und Tag aufgezeichnet wäre, nemlich von dem eintretenden Pro 
fessor, von seiner Frau, wenn er schon verheirathet ist, oder, wenn und so oft er sich nach dem Eintritt 
verehelicht, endlich von den minorennen Kindern, die beim Absterben des Mitgliedes vorhanden sind. Alle 
diese Dinge aber fehlen, und würden nur eben in Beziehung auf das Mitglied selbst sich noch jetzt in den 
meisten Fällen ergänzen lassen, aus welchen einzelnen Bestimmungen sich aber wenig oder gar kein Nutzen 
ziehen liesse. Gleichwohl bleibt das, was sich noch jetzt ohne Zweifel wird zusammenbringen lassen, höchst 
schätzbar, ich meine nemlich für jedes einzelne Mitglied 
1. Terminus a quo und ad quem der geleisteten Beiträge. 
2. Terminus a quo und ad quem der genossenen Witwenpension in den Fällen wo ein solcher eintrat. 
3. Terminus a quo und ad quem der genossenen Waisenpension, wo nach dem Tode des Vaters 
oder der Mutter noch minorenne Kinder vorhanden waren. 
Die Grösse der Geldsumme, die von den Mitgliedern beigetragen, von den Witwen und AVaisen 
erhoben sind, braucht aber gar nicht mit extrahirt werden. 
Dies wäre denn das dritte Requisit dessen Herbeischaffung, vor Anfang aller Berechnungen, uner 
lässlich ist. Ich bin mit der Einrichtung des Archivs der Witwenkasse ganz unbekannt, weiss also nicht, 
ob vielleicht nicht besonders angelegte Bücher, aus denen dieses Material mit Sicherheit, Vollständigkeit
	        
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