ANWENDUNG DER WAHRSCHEINLICHKEITSRECHNUNG ETC.
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die unklare Fassung desjenigen Theils des Regulativs, wodurch die Progression der Pensionssätze
bestimmt werden soll
in Verbindung mit
der gegenwärtig so sehr vergrosserten Anzahl der an der Wihvenkasse Theil nehmen en Professoren.
Die grosse Wichtigkeit des letztem Umstandes ist schon in meinem oben erwähnten Votum ange
deutet. Die Bedeutsamkeit einer grossen Anzahl von Interessenten ist nach der Beschaffenheit einer Wit
wenkasse eine sehr verschiedene. Für eine Witwenkasse, welche sich durch die Beiträge der Mitglieder
(oder durch die Antrittsgelder, oder durch beides verbunden) ganz selbst erhält, wird eine recht grosse
Anzahl der Theilnehmer nur vortheilhaft sein, vorausgesetzt, dass die Kasse auf eine richtige Rechnung
basirt ist. Eine doppelt starke Gesellschaft dieser Art, hat unter übrigens gleichen Umständen eine dop
pelt so grosse Anzahl von Witwen zu erwarten, wie eine einfache : sie hat aber auch gerade doppelt so
viele Einnahme, und kann daher den einzelnen Witwen gerade eben so viel gewähren, aber mit mehr
Sicherheit gegen die wechselnden Fluctuationen, welche bei der grossem Gesellschaft im Verhältnis zum
Ganzen geringer sind, als bei der kleinern.
Ganz anders aber verhält es sich mit einer Witwenverpilegungsanstalt, die ein reines Beneficium ist,
und deren Mittel einmal eine gegebene Grösse haben (durch bestimmten Kapital- oder Grundbesitz). Auch
hier wird jede Erweiterung des Umfanges eine in gleichem Verhältnisse vermehrte Anzahl der Witwen zur
Folge haben, deren jede einzelne demnach auch nicht mehr so viel aus den gegebenen Mitteln wird er
halten können, wie vorher bei beschränkterem Umfange. Allerdings wird die der vergrosserten Interessen
tenzahl entsprechende Vergrösserung der Witwenzahi in ihrer vollen Stärke erst nach mehrern Decennien
eintreten, und dem natürlichen Gange der Dinge gemäss bis dahin sich nach und nach entwickeln. Setzen
wir, um die Vorstellung zu fixiren, der Umfang einer solchen Gesellschaft (die ein reines Beneficium ist)
habe sich binnen einer gewissen Zeit verdoppelt. Man wird dann bald auf eine vergrösserte Witwenzahl,
also, wenn das Vermögen nicht selbst angegriffen werden soll, auf eine Verminderung der jeder einzelnen
Witwe zu gewährenden Pension gefasst sein müssen, und diese Herabsetzung wird nach und nach bis auf
die Hälfte fortschreiten. Hätte aber eine solche Gesellschaft ein Statut, wonach den Witwen, trotz ihrer
steigenden Zahl, fortwährend gleichbleibende Pensionen gezahlt werden müssen, so würde sie nothwendig
zu Grunde gehen. Zwei Fälle gibt es jedoch, wo dieser Hergang eine Modification erleiden wird oder er
leiden kann. Frstlich wenn die Mittel der Kasse, vor der Erweiterung des Umfanges der Theilnahme,
mehr als hinreichend waren, um die bestehenden Pensionen zu bestreiten, so dass eine fortwährende Ver-
mögensvergrösserung, und etwa auch bis dahin von Zeit zu Zeit eine Erhöhung des Pensionssatzes hatte
Statt finden können. Hier wird offenbar der Erfolg des erweiterten Umfanges von dem Wieviel? abhän-
gen. Hatte die Kasse vorher einen grossen jährlichen Ueberschuss, und ist die Vergrösserung der Inte
ressentenzahl nicht sehr bedeutend, so kann jene die Gefahr vielleicht überstehen; die Vermögenszunahme
wird nur immer langsamer und langsamer werden, und möglicherweise kann, wenn die Folge jener Ur
sache sich erst ganz entwickelt hat, die Kraft der Kasse noch hinreichend sein, auch der grossem Wit
wenzahl die volle Pension zu gewähren. Umgekehrt aber, war anfänglich der jährliche Ueberschuss nicht
gross, die Vermehrung der Interessentenzahl aber .sehr erheblich, so wird der jährliche Ueberschuss bald
in ein Deficit übergehen, und der Ruin der Kasse zwar etwas später, als wenn ursprünglich Mittel und An
sprüche im Gleichgewicht waren, aber doch eben so unfehlbar eintreten. Zweitens bei einer Kasse von
überhaupt geringem Umfange in Beziehung auf die Zahl der Theilnehmer, und wo diese Zahl also auch
nach der Vergrösserung noch wie eine kleine zu betrachten ist, wird man keinen so regelmässigen Hergang
erwarten dürfen wie bei grossem; die in der Natur der Sache liegenden, aber, bei kleinen Zahlen ver-
hältnissmässig viel grossem Schwankungen wei’den die Regelmässigkeit in der Folge der Erscheinungen