ANWENDUNG DER WAHRSCHEINLICHKEITSRECHNUNG ETC.
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Aus den frühem Erfahrungen jedoch [S. 139 unten] hätte man, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass
in den ersten Decennien die Gesellschaft einen viel kleinern Umfang hatte als 1 7 94 , und dass jene Erfah
rungen einer Zeit angehörten, wo der entsprechende Beharrungszustand als noch nicht ganz-erreicht ange
sehen werden muss, schliessen können, dass man fortan eine die Durchschnittszahl t3 weit überschreitende
Witwenzahl für sehr wohl möglich halten müsse. (Dass bei allem, was ich hier gesagt habe, die nach
Kritter’s Gutachten noch erforderliche Vergrösserung um -J-, wegen der Waisenpensionen, noch nicht mit
einbegriffen ist, wird man nicht übersehen dürfen).
Die KniTTER’sche S. [140] Nr. 2 gerügte Behauptung ist zwar durch die Erfahnmg genugsam wi
derlegt: es Ist jedoch nicht überflüssig, zu der eigentlichen etwas versteckt liegenden Quelle des Irrthums
hinaufzusteigen. Bei aller Anwendung des Calcüls sowohl auf Gegenstände der Natur als auf sociale Ver
hältnisse, pflegen die Erfahrungsdata selten in der reinen Gestalt, wie man sie eigentlich braucht, aufzu
treten, sondern fast immer mehr oder weniger behaftet mit Störungen oder Schwankungen, die in ihrem
Wechsel keiner Kegel gehorchen, und man sucht dann, wie jedermann weiss, den daraus entstehenden
Nachtheil wenn auch nicht aufzuheben, doch so viel thunlich zu vermindern, dass man aus vielen einzel
nen Resultaten das Mittel nimmt. Man rechnet darauf, dass bei einer solchen Benutzung einer grossen
Zahl von Fällen die zufälligen Schwankungen einander grösstentheils compensiren, und legt dann dem Mit-
telwerthe eine desto grössere Zuverlässigkeit bei, je mehr partielle Resultate zugezogen sind. Dieses ist auch
im allgemeinen vollkommen richtig, und durch consequente weitere Entwicklung und umsichtige Ausbeutung
dieses Princips sind besonders in den Naturwissenschaften nicht selten die belohnendsten Früchte, selbst
glänzende Resultate, gewonnen. Allein die Sicherheit des Grundprincips beruhet auf einer wesentlichen Be
dingung, die, häufig genug, auch von Gelehrten vom Fach ausser Acht gelassen wird, und die darin be
steht, dass die an den einzelnen Beobachtungen oder Erfahrungen haftenden regellosen Störungen oder
Schwankungen von einander ganz unabhängig sein müssen. Das Urtheil, ob eine solche Unabhängigkeit
vorhanden sei oder nicht, kann zuweilen sehr schwierig und ohne tiefes Eindringen in das Sachverhältniss un
möglich sein, und wenn darüber Zweifel Zurückbleiben, so wird auch das den Endresultaten beizulegende
Gewicht ein precäres sein.
Wäre z, B. die Rede von einem meteorologischen Elemente etwa von der Menge des an einem be
stimmten Orte jährlich fallenden Regens, so ist diese bekanntlich in verschiedenen Jahren sehr ungleich;
der durch die allgemeinen örtlichen Verhältnisse des Platzes bedingte Normalwerthwird aber an einem Durch
schnitt von zehn Jahren mit viel grösserer Sicherheit erkannt, als w r enn man sich bloss an ein einzelnes Jahr
halten wollte. Der Grund ist aber der, weil zwischen den in den einzelnen Jahren vorkommenden Abwei
chungen von dem Normalwerthe kein besonderer Zusammenhang ist, vielmehr, wie auch die Erfahrung be
stätigt, eine grosse Minus-Abweichung eben so leicht in einem Jahre verkommen kann, welches unmittelbar
auf ein Jahr mit grosser Plus-Abweichung folgt, wie in jedem andern.
Allein jene wesentliche Bedingung fehlt bei den gezählten Witwen aus auf einander folgenden Jahren,
eben weil der Uebergang von einer Zahl zu einer bedeutend verschiedenen nur allmählich geschehen kann.
Wenn z. B. in der oben zur Erläuterung angeführten grossem Gesellschaft, wo der durchschnittliche jährliche
Zugang zu 6 9 angenommen ist, und eben so gross, nach erreichtem Beharrungszustande, der jährliche Ab
gang, der Bestand einmal auf 1240 heruntergekommen ist, oder dermalen die negative Abweichung — 60
Statt findet, so ist die grösste an Unmöglichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit da, dass im Jahre darauf
eine positive Abweichung vom Normalwerthe Statt haben werde. Bei einer kleinen Gesellschaft wie die
unsrige sind sehr oft die gezählten Witwen des folgenden Jahres noch ganz die nämlichen wie im vorangegan
genen, und selbst nach io Jahren wird in der Regel nur der kleinere Theil erneuert sein. Eine Durch
schnittszahl aus i o auf einander folgenden Jahren ist daher noch kein Mittel aus i o von einander ganz unab-