Full text: [Wahrscheinlichkeitsrechnung und Geometrie] (4. Band)

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NACHLASS, 
hängigen Erfahrungen, und kann über die eigentliche Normalzahl noch keinen viel sicherem Aufschluss ge 
ben, als die Erfahrung von einem einzelnen Jahre. Um das vergrösserte einem Durchschnittswerthe beizule 
gende Gewicht schätzen zu können , kommt es wesentlich darauf an, von Avie Adelen von einander ganz unab 
hängigen Gruppen die Erfahrungen hergenommen sind. Da nun die durchschnittliche Dauer eines Witwen 
thums gegen 2 0 Jahre beträgt, so Avürde bei empirischer Bestimmung der Normalzahl selbst ein vierzigjähri 
ger Durchschnitt noch gar keine sehr sichere Bürgschaft für Elimination der Sclrwankungen geAvähren. Dass 
vierzig Jahre nach einander die Witwenzahl beständig unter dem den allgemeinen Verhältnissen der Gesell 
schaft entsprechenden Normalwerthe bleibe, ist im Grunde eben so AArnnig für eine ganz ausserordentliche 
Erscheinung anzusehen, als wenn ein Pharaospieler zweimal nach einander geAvinnt, und die Lehre, welche 
man hieraus ziehen muss, ist, dass von der andern Seite in jener Beziehung auch 40 ununterbrochen ma 
gere Jahre eben so leicht möglich sind, wie 40 ununterbrochen fette. 
Das Zahlenverhältniss zwischen stehenden Ehen und Witwen. Avelches für die Professsoren-WitAven- 
kasse in Kritter’s Gutachten Avie 2 : i vorausgesetzt ist, wird für Gesellschaften, welche verschiedenen Le 
benskreisen angehören, ein sehr verschiedenes sein können. Vergleichen Avir z. B. eine WitAvenkassenge- 
sellschaft wie die unsrige mit der Gesammtheit aller stehenden Ehen und WitAven in einem ganzen Lande 
zunächst nur in Beziehung auf den allgemeinen [S. 140 oben] angegebenen Bestimmungsgrund, so sieht 
man leicht, dass in jener verhältnissmässig mehr Witwen gegen eine bestimmte Zahl von Ehen gerechnet 
Averden müssen als in dieser. Bei der grossen Masse der Landeseimvohner fallen durchschnittlich die Ver 
heirathungen in ein früheres Alter, und der Unterschied des Alters von Mann und Frau ist nach dem 
DurchschnittsAverthe geringer, als bei Universitätsprofessoren*). Dazu kommt, dass in unsere Witwenkasse 
manche Mitglieder schon verheirathet eintreten, während in die Listen von einem ganzen Staate die sämmt- 
lichen Ehepaare gleich von ihrer Verheirathung an eingerechnet werden. Allein die Wirkung dieser bei 
den Ursachen ist nur eine geringe im Vergleich zu dem Einfluss eines andern Umstandes, Avelcher oben 
S. [14o ff.] bei der abstracten Behandlung der Sache noch bei Seite gesetzt Avurde, nemlich, dass Abgang 
der WTtwen nicht allein durch den Tod, sondern auch durch eine Wiederverheirathung erfolgen kann. In 
einer Witwenkasse, wo eine sich wieder verheirathende WitAve allen weitern Anspruch auf die Pension ver 
liert, pflegen Wiederverheirathungen der Witwen selten vorzukommen, und namentlich zählt unsre Wit- 
Avenkasse in dem ganzen Zeiträume ihres Bestehens nur einen einzigen Fall der Art; für ein ganzes Land 
hingegen nimmt man der Erfahrung zufolge an, dass aus dem ganzen Bestand der WitAven etAva der 
dreissigste Theil alljährlich durch Wiederverheirathung ausscheidet, und hiedurch wird das Verhältniss der 
stehenden Ehen zu den WitAven Avesentlich abgeändert. Endlich hat auch in einem Lande, dessen Bevöl 
kerung schon seit längerer Zeit im Zunehmen begriffen geAvesen ist, diese Zunahme einen Avesentlichen Ein 
fluss auf das Verhältniss der coexistirenden Ehen und Witwen, indem sich dann mehr stehende Ehen ge 
gen Eine “Witwe vorfinden Averden, als ohne jenen Umstand da sein Avürden. 
Als Erfahrungssatz wird geAvöhnlich aufgestellt, dass für ein ganzes Land vier stehende Ehen ge 
gen eine WitAve zu rechnen seien. Die von Quetelet für Belgien angegebenen Zahlen stimmen mit die 
sem Verhältniss fast genau überein. Für das ganze Königreich Hannover ergeben die Zählungen von 
1 833 — 1 842 eine etAvas kleinere Zahl, nemlich 3,7 4 stehende Ehen gegen eine Witwe; unterscheidet man 
aber die einzelnen Landestheile, so zeigen sich sehr grosse Ungleichheiten, es sind z. B. 
*) Aus unsrer Witwenkasse liegen mir die Data für das Alter nur von 02 Ehepaaren vor, Avonach 
der durchschnittliche Unterschied ü Jahre beträgt. Bei der Gesammtheit der Eimvohner eines ganzen Lan 
des Avird man schAverlich auch nur einen halbsogrossen durchschnittlichen Unterschied annehmen können.
	        
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