UNTERSUCHUNGEN ÜBER GEGENSTÄNDE DER HÖHERN GEODAESIE.
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verzichtet also auf die Vortheile, die man in dem letztem in der Ausübung un
gleich häufiger vorkommenden Falle bei dem Gebrauch anderer Methoden von
diesem Umstande ziehen kann. Der nützliche Gebrauch der BESSELSchen Methode
wird sich also auf den Fall beschränken, wo die beiden Punkte nicht unmittel
bar durch die Seite eines wirklich gemessenen Dreiecks Zusammenhängen, son
dern wo der Zusammenhang durch eine grössere Reihe von Dreiecken vermittelt
ist. Allein dann muss man mit Recht fragen, wie denn die Data zu der Aufgabe
erlangt werden sollen, nemlich die wirkliche Länge der die beiden Punkte verbin
denden geodaetischen Linie, und der Winkel, welchen sie andern einen End-
punkte mit dem Meridian macht? Diese Bestimmung durch eine bloss sphärische
Berechnung der Übergangsdreiecke zu machen (wie Bessel bei der wenig ausge
dehnten preussischen Gradmessung gethan hat), würde bei einer viel grossem
Entfernung nicht mehr zulässig bleiben : soll aber dieser Übergang sphäroidisch
gerechnet werden, so wird dies schon für sich allein eben so viel Arbeit erfordern,
als wenn man gleich von jedem folgenden Punkt Breite, Länge und das rückwärts
geltende Azimuth bestimmt. Übrigens gelten diese Bemerkungen auch von
Ivory’s Auflösungsmethode, die mit der von Bessel viele Ähnlichkeit hat, aber
das eigentliche practische Bedürfniss wenig berücksichtigt.
Über die in der vorliegenden Abhandlung gegebene Methode möge hier
noch Folgendes bemerkt werden.
Die Formeln geben unmittelbar die Differenzen zwischen den beiden Brei
ten und den beiden Azimuthen, so wie den Längenunterschied, und eben hier
auf beruht, bei der Kleinheit dieser Differenzen (insofern rücksichtlich der Azi-
muthe das eine von der Südseite, das andere von der Nordseite des Meridians ge
zählt wird) die Schärfe der Rechnung, ohne mehrstellige Logarithmen zu erfor
dern. Die Symmetrie und Einfachheit der Formeln hingegen beruhet darauf,
dass sie zunächst nicht von der Breite und dem Azimuthe an dem einen End
punkte, sondern von dem Mittel der beiden Breiten und dem Mittel der beiden
Azimuthe abhängen. Es folgt daraus, dass die Formeln, zur Auflösung der Auf
gabe, wie sie oben ausgesprochen ist, nur vermöge eines indirecten Verfahrens
oder einer successiven Annäherung benutzt werden können. Geübte und mit den
Hülfen des kleinen Mechanismus derartiger Operationen vertraute Rechner wer
den in diesem Umstande kaum eine Unbequemlichkeit finden, zumal da man an
nehmen kann, dass fast immer zu der Zeit, wo die scharfe Ausführung der Rech-
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