BERICHTE ÜBER DIE GRADMESSUNG.
483
-t-
<
Ich habe noch hinzuzufügen, dass ich über diesen Gegenstand bereits vor einem Jahre Sr.
ein ausführliches Memoire vorgelegt habe, und dass dieser, die Wichtigkeit der Fortsetzung der däni
schen Messungen nicht verkennend, wenigstens sofort die Möglichkeit derselben sicherte, indem er mir
den Befehl ertheilte, Lüneburg an die zum Theil in vergänglichen Signalpunkten bestehenden südlichen
Punkte jener Messung anzuschliessen. Dies ist im vorigen Herbst geschehen, und dadurch die künftige
Fortsetzung von dem Untergang der precären Punkte unabhängig gemacht.
Wenn Ew. — — diesen Ideen Ihren Beifall schenken,' und sie würdig halten, für ihre Realisi-
rung zu wirken, so muss ich schon die Beabsichtigung einer möglichst vollkommenen und neben jeder
andern ehrenvoll bestehenden Ausführung voraussetzen, und in dieser Hinsicht würde ich mich der Aus
führung, wenn sie mir anvertrauet würde, mit Vergnügen unterziehen, und eine vielleicht länger als
Einen Sommer dauernde Unterbrechung meiner rein astronomischen Arbeiten für kein Opfer halten.
Was den zur Verlängerung der dänischen Gradmessung durch das Königreich Hannover erforder
lichen Kostenaufwand betrifft, so ist es wegen seiner Abhängigkeit von mancherlei nicht vorherzusehen
den Umständen freilich unmöglich, denselben mit einiger Genauigkeit im Voraus anzugeben. So hat
die Witterung auf die Zeitdauer, und dadurch auf die Kosten einen wesentlichen Einfluss. Ich wüsste
nicht, dass von irgend einer Gradmessung die Kosten öffentlich bekannt gemacht wären, und wenn ich
gleich von dem Dänischen Astronomen über die bisherigen Kosten seiner Gradmessung Mittheilung erhal
ten konnte, so würden sich doch daraus die Kosten ähnlicher Operationen im Königreich Hannover, we
gen der grossen Verschiedenheit der Localverhältnisse, nur sehr unsicher schätzen lassen. So werden z. B. •
im Hannoverschen die Kosten für Fuhren Behuf Transports der Personen und Instrumente einen sehr
bedeutenden Theil der Gesammtkosten austragen, da jene im Dänischen, wo die Fuhren ex officio in
natura geleistet werden, fast ganz aus der Rechnung wegfallen. Doch glaube ich, alles wohl erwogen,
dass die Summe von 1500 Pfund Sterling zur Bestreitung aller Kosten hinreichen würde, und versteht
sich von selbst, dass darüber demnächst Rechnung abgelegt werden würde.
Der Professor Schumacher hat bei seiner Gradmessung ausser ein Paar Amanuensen, zwei Officiere
von Capitains Rang zu Geholfen, deren Geschäft es ist, die Gegend vorher zu bereisen, schickliche
Punkte für Dreiecksstationen auszusuchen, um sie, nach vorläufig daselbst gemachten Messungen dem
Prof. S. zur Auswahl vorzuschlagen, hernach auf den ausgewählten Punkten die Errichtung von Signa
len, wo es nöthig ist, und andere nöthige Vorkehrungen zu betreiben, mit einem Wort, alle Vorberei
tungen zu machen, dass der Astronom überall ohne vielen Zeitverlust zum Beobachten schreiten kann;
endlich da, wo es nöthig ist* bei den Beobachtungen die Nebenoperationen zu übernehmen. Die erfor
derlichen Eigenschaften für solche Geholfen sind daher, nicht sowohl besonders tiefe mathematische oder
astronomische Einsichten, als vielmehr reger Eifer für die Sache, die grösste Pünktlichkeit und Sinn
für die grösste Genauigkeit, eine gewisse praktische Anstelligkeit, einige Kenntnisse vom Bauwesen, ei
nige Bekanntschaft mit dem Geschäftsgänge in unserm Lande bei denjenigen Behörden, mit welchen in
solchen Angelegenheiten Berührungen Vorkommen. Ein grösseres Personal als bei der Dänischen Grad
messung würde auch bei der Hannoverschen nicht nöthig sein, und ich würde mir sogleich, sobald eine
Resolution gefällt ist, angelegen sein lassen, taugliche Gehülfen selbst auszusuchen. Natürlich würde es
aber von Ew. — — Ermessen abhängen, ob vielleicht rathsam erachtet würde, in der oben erwähnten «
Beziehung noch mehrere Personen als Volontairs den Messungen beiwohnen zu lassen, um sich zu fei
nem geodätischen Arbeiten vorzubereiten. — —
Göttingen den 30. Mai 1819.
Carl Fsiehrich Gauss.