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BERICHTE ÜBER DIE GRADMESSUNG.
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Im bevorstehenden Sommer wird derselbe zuerst auf der Nordspitze von Jütland die astronomischen
Beobachtungen anstellen, und nachher theils in Lauenburg mit neuen Instrumenten die vorigjährigen
Messungen wiederholen und die Azimuthalbestimmungen machen, theils bei Hamburg eine Grundlinie,
einige Meilen lang, messen. Nur für einen Theil der Operationen in Lauenburg und die Basismessung,
nicht aber für die Operationen auf der Nordspitze von Jütland, wird meine Gegenwart gewünscht. Das
Dänische Gouvernement, indem es meine Anwesenheit bei diesen delicaten Operationen gewünscht hat,
scheint mir von der Ansicht ausgegangen zu sein, dass vereinte Berathung bei diesem lediglich zum Be
sten der Wissenschaft unternommenen Geschäft, förderlich sein werde, was durch blossen Briefwechsel
der Natur der Sache nach nur unvollkommen oder gar nicht erreicht werden könne. Zweitens, da in
Zukunft die ganze Gradmessung in extenso in einem eignen Werke der gelehrten Welt bekannt gemacht
werden soll, wird die Anwesenheit eines Zeugen bei einigen der wichtigsten Operationen dazu dienen,
die Autheuticität zu verstärken. So Avurden im Jahre 1798 zu der Basismessung bei Paris alle damals mit
Frankreich nicht im Krieg begriffene Staaten von Frankreich eingeladen, qualificirte Astronomen abzu
schicken, was auch von Dänemark, der Schweiz, Holland, Spanien und andern Staaten geschah. Diese
beiden Rücksichten beziehen sich zunächst nur auf die Dänischen Gradmessungen für sich allein genom
men. In der Voraussetzung, dass früh oder spät eine Aveitere Fortsetzung durch das Hannoversche an
geordnet werden könnte, scheint es aber noch besonders wichtig zu sein, dass durch einen diesseitigen
Astronomen das Vertrauen gehörig gewürdigt werden könne, welches diejenigen Operationen besonders
verdienen, an welche eine solche Fortsetzung unmittelbar sich anschliessen müsste.
Nach diesen Betrachtungen bin ich sehr gern bereit, der mir schmeichelhaften Aufforderung Folge
zu leisten, und werde ich den Dänischen Astronomen ersuchen, mich von derZeit, avo jene Operationen
werden vorgenommen werden, so früh als möglich zu benachrichtigen, damit ich mich bei meinen an
derweitigen Geschäften danach einrichten könne. Mit den Vorlesungen wird dies wol keine Schwierig
keiten haben, da doch jene Operationen erst im Spätsommer anfangen werden. Leid wird es mir zAvar
thun, aller Wahrscheinlichkeit nach die in ihrer Art einzige am 7. Sept. einleitende grosse ringförmige
Sonnenfinsterniss hier nicht mehr beobachten zu können; allein ich werde mich damit beruhigen, dass
theils dieselbe hier doch durch den Prof. Harding wird beobachtet werden können, theils, dass dieselbe
auch im Holsteinischen gleichfalls ringförmig erscheinen und es leicht thunlich sein wird, dort gute,
wenn auch den hiesigen nicht ganz gleich kommende Hülfsmittel zur Beobachtung dieses merkwürdigen
Phänomens herbeizuschaffen. — — —
Göttingen den 27. Februar 1820.
C. F. Gauss.
P. M. BETREFFEND DIE HANNOVERSCHE GRADMESS ÜNG.
_ — Ich habe bereits in meinem frühem Bericht das für dieses Geschäft unentbehrliche
Bedürfniss mehrerer Hauptinstrumente auseinandergesetzt. Solange es sogar noch ungewiss war, woher
dieselben zu erhalten stehen würden, konnte natürlich mit den Operationen selbst noch kein Anfang
gemacht Averden, einige astronomische Vorarbeiten auf hiesiger Sternwarte, womit ich schon im vorigen
Sommer angefaugen, abgerechnet. Inzwischen habe ich jene Hauptbedürfnisse, namentlich einen grossem
möglichst vollkommenen Theodolithen und ein sogenanntes Universalinstrument bei dem ersten jetzt le
benden Künstler, von Reicuenbach in München, bestellt, welcher nicht nur diese Bestellung angenom
men, sondern auch diese Instrumente resp. Anfang Mai und im Juli d. J. zu liefern versprochen hat.