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BRIEFWECHSEL MIT SCHUMACHER.
Bei dem zweiten Theile Ihrer Unternehmung, der Messung des Längen
grades, habe ich nur einen kleinen Zweifel. Ich meinte nemlich, dass die
Länder der dänischen Monarchie eher flach zu nennen sind, wenigstens keine
hohe Berge haben. Ist diese Voraussetzung gegründet, und sind Sie dann
dadurch genöthigt, zur Bestimmung des astronomischen Längenunterschiedes
einen Zwischenpunkt oder gar mehrere zu nehmen, so wird jener Bestimmung,
auch wenn sie noch so geschickte Gehülfen und Hülfsmittel haben, doch
immer eine kleine Ungewissheit ankleben.
Einen grossen Vortheil haben Sie in dem Umstande, dass Dänemark
schon einmal trigonometrisch vermessen ist; ich meine natürlich nicht in den
gemessenen Winkeln selbst, die weit davon entfernt sind, sich zu einer Grad
messung zu qualificiren, sondern weil jene Operationen Ihnen das Auswählen der
Stationspunkte ungemein erleichtern werden. Dies Aufsuchen würde mir bei
einer ähnlichen Arbeit gerade das Unangenehmste sein, weil dabei so viele
Zeit umsonst verloren wird. Ich habe mir viele Mühe gegeben (in ähnlichen
Rücksichten auf künftige Operationen), die von Epailly im Hannoverschen ge
messenen Winkel zu erhalten, aber ohne Erfolg.
Mir war eine interessante Aufgabe eingefallen, nemlich:
»allgemein eine gegebene Fläche so auf einer andern (gegebenen) zu
projiciren (abzubilden), dass das Bild dem Original in den kleinsten
Theilen ähnlich werde.«
Ein specieller Fall ist, wenn die erste Fläche eine Kugel, die zweite
eine Ebene ist. Hier sind die stereographische und die merkatorsche Pro
jection particuläre Auflösungen. Man will aber die allgemeine Auflösung,
worunter alle particulären begriffen sind, für jede Art von Flächen.
Es soll hierüber in dem Journal philomathique bereits von Monge und
Poinsot gearbeitet sein (wie Burckhardt an Lindenau geschrieben hat), allein
da ich nicht genau weiss, wo, so habe ich noch nicht nachsuchen können,
und weiss daher nicht, ob jener Herren Auflösungen ganz meiner Idee ent
sprechen und die Sache erschöpfen. Im entgegengesetzten Fall schiene mir
dies einmal eine schickliche Preisfrage für eine Societät zu sein