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BRIEFWECHSEL MIT GERLING.
heliotropische bei Tage. Das Wetter ist nicht günstig; hier sind zwar bisher
schon ziemlich viele Zeichen von beiderlei Art beobachtet, aber Gerling hatte
nach seinem letzten Briefe noch fast nichts vom Feldberge her gesehen
[5.]
Gauss an Gerling. Göttingen, 5. October 1821.
Meinen herzlichen Glückwunsch zu dem von Ihnen übernommenen Ge
schäft. Es freut mich, dass es in Ihre Hände kommt, da Sie es sich zur
Pflicht machen werden, das ganze Triangelnetz mit aller möglichen Sorgfalt
auszuführen. Ich halte dies für etwas überaus wünschenswerthes, und be
klage es immer, wenn man schon bei den Triangeln der ersten Ordnung
geizig überlegt, durchaus nichts mehr an Genauigkeit anwenden zu wollen,
als für den allerletzten Zweck unumgänglich nöthig ist. Die genaueste
Kenntniss der relativen Lagen der interessantesten Punkte eines Landes kann
in vielfacher Beziehung nützlich sein, auch ganz abgesehen davon, dass eine
Detailvermessung darauf am besten zu stützen ist. Es wäre gewiss äusserst
wichtig, wenn der grösste Theil von Europa vollständig mit Einem Netz
überzogen wäre, und nach und nach werden wir dahin kommen; jeder Staat
sollte es sich zur Ehre rechnen, seinen Antheil daran so gut zu liefern, dass
er würdig sei, neben den besten zu stehen.
Ich sollte glauben, dass Sie gut thun würden, den Meisner auch mit
zu einem Dreieckspunkt zu wählen; Sie w r erden denselben unmittelbar mit
wenigstens 5 meiner Dreieckspunkte in Verbindung setzen können, und wahr
scheinlich mit ebenso viel MüFFLiNGschen dazu. Ich werde gern dabei hülf-
reiche Hand bieten, und insofern es sich nur irgend einrichten lässt, die dies
seitigen Beobachtungen dahin machen. Die Heliotrope erleichtern solche Ar
beiten ausserordentlich, und es bedarf auf dem Meisner weiter keiner Anlage,
als dass ein steinernes Postament von circa 1|- Fuss Quadrat und 3 Fuss
Höhe über der Erde gesetzt werde, um Heliotrop und Theodolithen darauf zu
stellen, und dass vielleicht einige Bäume gefällt werden, falls ohne das die