GAUSS AN BESSEL.
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demjenigen Werthe, für welchen das Integral 0 seyn soll, bis zu x = a-\-hi
übergeht, und dann alle yx.dx summirt. So ist der Sinn vollkommen fest
gesetzt. Nun aber kann der Übergang auf unendlich viele Arten geschehen:
so wie man sich das ganze Reich aller reellen Grössen durch eine unendliche
gerade Linie [dargestellt] denken kann, so kann man das ganze Reich aller
Grössen, reeller und imaginärer Grössen, sich durch eine unendliche Ebne
sinnlich machen, worin jeder Punct, durch Abscisse = a, Ordinate = h be
stimmt, die Grösse a-f- bi gleichsam repräsentirt. Der stetige Übergang von
einem Werthe von x zu einem andern a-\- hi geschieht demnach durch eine
Linie und ist mithin auf unendlich viele Arten möglich.
Ich behaupte nun, dass das Integral fyx.dx nach zweien verschiednen
Übergängen immer einerlei Werth erhalte, wenn innerhalb des zwischen beiden
die Übergänge repräsentirenden Linien eingeschlossenen Flächenraumes nirgends
cpic = oo wird. Diess ist ein schöner Lehrsatz*), dessen eben nicht schweren
Beweis ich bei einer schicklichen Gelegenheit geben werde. Er hängt mit
schönen andern Wahrheiten die Entwicklungen in Reihen betreffend zu
sammen. Der Übergang nach jedem Pnncte lässt sich immer ausführen, ohne
jemals eine solche Stelle, wo yx = oo wird, zu berühren. Ich verlange daher,
dass man solchen Puncten ausweichen soll, wo offenbar der ursprüngliche
Grundbegriff von f yx. dx seine Klarheit verliert und leicht auf Widersprüche
führt. Übrigens ist zugleich hieraus klar, wie eine durch fyx.dx erzeugte
Function für einerlei Werthe von x mehrere Werthe haben kann, indem man
nemlich beim Übergange dahin um einen solchen Punct, wo cp# = oo [**)] ent
weder gar nicht, oder einmal, oder mehreremale herumgehen kann. Detinirt
man z. B. log x durch
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von x— 1 anzufangen, so kommt man zu log x entweder ohne den Punct
x — 0 einzuschliessen oder durch ein- oder mehrmaliges Umgehen desselben;
jedesmal kommt dann die Constante oder —2izi hinzu: so sind die
*) Eigentlich ist hiebei noch angenommen, dass <px selbst eine einförmige Func
tion von x ist, oder wenigstens für deren Werth innerhalb jenes ganzen Flächenraumes
nur Ein System von Werthen ohne Unterbrechung der Stetigkeit angenommen wird.
[**) In der Handschrift steht x = oo.]