BEMERKUNGEN ZUR REIHENLEHRE. BRIEFWECHSEL.
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asymptotische Formel für die Entwicklungskoeffizienten der Mittelpunktsgleichung*); ferner ist die Tabelle
des art. [3.], wie wir oben S. 441 gesehen haben, für den Wert 0,6 550 518 der Exzentrizität gerechnet, und
dieser Wert ist in der Tat als groß zu bezeichnen (siehe oben S. 433, erste Zeile), da er die Exzentrizi
täten der großen Planeten erheblich übertrifft und schon nahe an der LAPLACESchen Grenze 0,6 627 430 . .**)
liegt. Auch die Angabe in der Briefstelle [3.], daß die Herleitung der Formel eine halbe Oktavseite ein
nehme, trifft für unsern Zettel wenn auch nicht buchstäblich, so doch dem Sinne nach zu, da die Ent
wicklung, die zu dem Ergebnis führt, in der Tat sehr kurz ist. Die Bemerkung der Briefstelle [4.], daß
die Methode auch geeignet sei, alle Glieder numerisch zu berechnen, nicht nur die entfernten, und zwar mit
jeder Genauigkeit, findet auf dem dritten Zettel ihre Bestätigung (siehe unsern art. [4.]); die auf diesem
Zettel befindlichen nicht mit abgedruckten Zahlenrechnungen beziehen sich auch auf das im art. [3.] be
handelte Beispiel, sind aber nicht zu Ende geführt, was mit der Briefstelle [4.] im Einklang steht.
Es ist also unzweifelhaft, daß wir in den beiden Zetteln, die in den artt. [2.], [3.], [4.] abgedruckt
sind, die von Gauss 1850 wiedergefundenen Aufzeichnungen vor uns haben. Was ihre Entstehungszeit an
langt, so können wir das »50 +« des Briefes [4.] in Übereinstimmung mit der Angabe des Briefes [3.] genauer
zu »50 — « bestimmen, d. h. also die Abfassung dieser Aufzeichnungen in die ersten Jahre des XIX. Jahr
hunderts setzen. Denn erstens bedient sich Gauss darin stets der Bezeichung i für ^ — 1, was er im XVIII.
Jahrhundert noch nicht getan hat, zweitens tritt am Schluß des art. [3.] die Darstellung des konstanten
Teils von (1 —<jf cos M)~* durch das arithmetisch-geometrische Mittel auf, und diese Darstellung hat Gauss
erst um den 23. Dezember 1799 gefunden (siehe oben S. 183, 1 85 und die zugehörigen Bemerkungen
S. 273—274). In dem Beispiel des ersten Zettels, oben S. 421, ist der Wert der Exzentrizität e = 0,254 236
den V. Elementen des kleinen Planeten Juno entnommen, die in der Monatlichen Correspondenz 11, S. 4 7 6,
Mai 180 5 (Werke VI, S. 2 6 4) veröffentlicht sind, und die Gauss gestützt auf seine Beobachtung vom
20. Februar 1805 berechnet hatte. Die VI. Elemente der Juno, die Gauss am 25. August 1806 an die
Monatliche Correspondenz gesandt hat (siehe Monatl. Corr. 14, S. 378, Werke VI, S. 280, vergl. auch S. 279),
geben die Exzentrizität 0,254 944. Der erste Zettel ist also jedenfalls zivischen dem 20. Februar 1805 und
dem 25. August 1806 geschrieben. Wahrscheinlich stammt auch der vierte Zettel aus dieser Zeit; Gauss
würde also den Kunstausdruck »Zug komplexer Werte«, den er im Abschnitt [VI.] art. 2., oben S. 408, erklärt,
schon zu Anfang des XIX. Jahrhunderts angewandt haben, was immerhin Rückschlüsse auf seine damalige
Bewandertheit in der Analysis der komplexen Veränderlichen gestattet.
Es sind aber noch andere, bis ins XVIII. Jahrhundert zurückreichende Spuren vorhanden, die auf
GAUSSens Beschäftigung mit diesem Gegenstände hinweisen und die auch darüber hinaus einen Einblick in
den ganzen Gedankenkreis gewähren, der für Gauss in diesem Zusammenhang in Betracht kam.
Den Ausgangspunkt bildete für Gauss die noch in die Göttinger Studentenjahre fallende Beschäfti
gung mit dem LAGRANGESchen Lehrsatz, die in der Aufzeichnung Nr. 49 des Tagebuchs vom 27. Dezember
1796 angezeigt ist, und für die der Brief [i.] an Hindenburg ***), sowie die Werke VIII, S. 76 abgedruckte
*) Um den jACOBischen Ausdruck (siehe Jacobis Werke VII, S. 188 und 23 7)
mit dem GAUSSSchen in Übereinstimmung zu bringen, hat man zu setzen f = sin cp für e, e für i und n für
p ; dann ergibt sich unmittelbar unsere Formel [28]', oben S. 441.
**) Laplace, Mécanique céleste, t. V, 182 5, Suppl. Sur le développement des coord, éllipt. S. n.
***) Die Urschrift dieses Briefes befindet sich im Privatbesitz; dem Abdruck liegt eine im GAUSSarchiv
befindliche, von C. H. Müller angefertigte Abschrift zugrunde.