100 A. GALLE, ÜBER DIE GEODÄTISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
allein schon auf halbem Wege stellte sich Regen ein, der den ganzen Tag
nicht wieder aufhörte. Bis auf die Haut durchnässt kehrte er ohne etwas
gesehen zu haben, um 8 J /2 Uhr zurück. Doch konnte er bereits am 26. August
nach dem Punkte Brillit bei Gnarrenburg weitergehen, wo er ebenfalls schneller,
als er gedacht, am 30. August 1824 fertig wurde. Während seines dortigen Auf
enthaltes war die Luft für das Sehen terrestrischer Gegenstände immer höchst
ungünstig, so dass er mehrere entfernte Punkte, die Müller früher bemerkt
hatte, nie erkennen konnte. Besser ging es dagegen mit den Heliotroplichtern,
die täglich 1 oder 1 */2 Stunden lang sehr gut zu sehen waren, vorher und
nachher aber sehr stark wallten. Weil sich Brillit nicht mit Brüttendorf ver
binden Hess, wurde Zeven als Beobachtungspunkt gewählt. Hier dauerte es
mehrere Stunden, ehe Gauss eine Stelle auf dem Turm finden konnte, wo
alle Hauptrichtungen zugleich offen waren oder sich öffnen Hessen 1 ) und es
Hess sich nicht ändern, dass einige nur in genierter Lage beobachtet werden
konnten. Von Bremen, wo sein Gehilfe Baumann 1 2 ) heliotropierte, erhielt
er zunächst gar kein Licht, obgleich Sonnenschein dort zu sein schien.
Die enge Lokalität auf dem Ansgariusturm mochte Schuld sein, und Baumann
kam mit der doppelten Reflexion nicht zu Stande. Auch das Moorbrennen
nahm wieder überhand, so dass Gauss auch die andern Richtungen nicht er
hielt. Er sandte daher seinen Sohn nach dem Steinberge, um wenigstens den
einen Winkel Steinberg-Wilsede messen zu können. Dazu kam die grässliche
Hitze, die auf sein Befinden nachteilig wirkte, während der Landaufenthalt in
Osterholz es wieder gebessert hatte. Er reduzierte hier die Beobachtungen
in Bremen, wobei die Nebenpunkte, die er durch die zwischen ihnen und den
Hauptpunkten gemessenen Winkel festlegte, schlechter stimmten, als die
Messungen zwischen den Hauptpunkten 3 ). Es kam sogar ein Winkel vor, der
durch die Ausgleichung eine Verbesserung von 3" erhielt 4 ). Ausser der schlechten
Sichtbarkeit der irdischen Punkte schrieb er diese Misstimmigkeit dem Um-
1) Brillit und Litberg wurden durch Öffnung von zwei Schneisen erhalten.
2) Baumann war als Gehilfe (ohne Diäten) angenommen, er war fleissig und hatte guten Willen,
aber es fehlte ihm ganz an iudicium, so' dass die Dienste, die er leisten konnte, nach Gauss Urteil ebenso
gut ein Unteroffizier hätte leisten können (G.-O. Nr. 548).
3) Es waren 6 Hauptpunkte: Steinberg, Bottel, Brüttendorf, Zeven, Brillit, Garlste und 6 Neben
punkte; Twistringen, Oldenburg, Hude, Neuenkirchen, Verden, Asendorf (G.-O. Nr. 529).
4) Neuenkirchen-Garlste.