DIE METHODE DER KLEINSTEN QUADRATE,
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Auf der andern Seite betonte er in den Briefen an seine Freunde, dass
er früher als Legendre, der ihm mit der Veröffentlichung zuvorgekommen
war, die Methode gefunden hatte ^ Er erwähnt dabei, dass er sie verschiedenen
seiner Mitstudierenden mitgeteilt habe, unter anderm seinem Freunde Bolyai.
Auch hatte er sie dem damals sechzigjährigen Klügel gezeigt, den er 1799
in Helmstedt getroffen zu haben scheint.
Gauss hat aber das Verfahren in Bezug auf den grossen Nutzen, den es
leistet, durchaus nicht unterschätzt; und es bleibt nur merkwürdig, dass er es
in einem Alter entdeckt hat, in dem die für einen erfahrenen Rechner in
ihrer Tragweite vielleicht übersehbare Erfindung andern ganz fern gelegen
hätte.
2. Grundgedanke. Auf den Grundgedanken kam er zuerst im Herbst 1794,
als er in dem Werke von Lambert »Beiträge zum Gehrauch der Mathematik
und deren Anwendung« die Betrachtungen über die Behandlung einer Überzahl
von Beobachtungen las. Es handelt sich offenbar um den Artikel 1 2 ) »Theorie
der Zuverlässigkeit der Beobachtungen und Versuche«, in dem Lambert unter
andern Beispielen die Länge des tropischen Jahres, wofür zwei Beobachtungen
genügen würden, aus Cassinis mehr als ein halbes Jahrhundert umfassenden
Beobachtungen der Zeiten der Nachtgleichen und Sonnenwenden berechnet.
Das Verfahren, das Lambert geometrisch einkleidet, kommt auf folgendes
hinaus:
Die Fehlergleichungen haben in seinem Beispiel die einfache Form
li + Vi = t-x+y,
so dass die Normalgleichungen
[fZ] = [t 1 ]^-\-[t\y und [l] — \t\.x-\-ny
lauten. Lambert teilt nun die n Beobachtungen in zwei Teile und setzt statt
der letzten Normalgleichung für die beiden Teile getrennt
R] = W • x + n x y und [4] = [4] .x+n 2 y
oder mit Einführung von Mittelwerten L, T
L x = T x x+y und L 2 = T 2 x-\-y,
1) Vergl. y. Lindenau und Bohnenberger, Zeitschrift für Astronomie, Bd. II, S. 19 2, Fussnote.
2) Bd. I, Berlin 1765, S. 424.