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ANFÄNGE DER MAGNETISCHEN UNTERSUCHUNGEN. 5
durch Zusammensetzung zweier Nadeln (vorausgesetzt, dass sie eine gerade
Linie bilden) jede Deklination hervorbringen kann; ich begreife wohl, dass
eine solche Nadel weniger magnetische Intensität haben, also langsamere
Schwingungen machen muss; aber woher eine andere Deklination oder Inkli
nation erfolgen müsse, ist mir nicht recht klar.« Eine Antwort von Olbers
auf diese sehr berechtigten GAussschen Zweifel kennen wir nicht.
3. Wieder acht Jahre später (im Mai oder Juni 1820) 1 ) erfolgt eine neue
Anregung Olbers’ an Gauss: »Haben Sie, lieber Gauss, Hansteens Unter
suchungen über den Magnetismus der Erde') durchgeblättert? Weiter habe ich
bisher noch nichts getan. Ob es überhaupt schon hohe Zeit ist, wie Hansteen
meint, aus den bisherigen Beobachtungen eine Theorie zu entwickeln, weiss
ich nicht; ich fürchte aber, für Hansteen war es doch noch zu früh, da er
erst in den Zusätzen der von Flinders mit Bestimmtheit gemachten Be
merkung, dass für jedes Schiff die Magnetnadel eine eigene Abweichung zeige,
die nach der Richtung des Schiffs veränderlich ist, erwähnt. Dies macht alle
zur See angestellten Beobachtungen mehr oder weniger unsicher, wenn man
nicht durch Vergleichungen und Kritik die individuelle erforderliche Kor
rektion ausmitteln kann.« Es erfolgt nur eine kurze Antwort GAUSsens (am
28. Juni 1820) 1 2 3 ): »Hansteens Werk über den Magnetismus ist mir noch nicht
zu Gesicht gekommen. Vor einiger Zeit erkundigte ich mich danach bei
Reuss, der es noch nicht kannte. Ich werde nächstens wieder einmal an-
fragen, ob die Bibliothek es schon besitzt. Gewöhnlich ruhen dann aber
solche Werke erst sehr lange in den Händen der Rezensenten.«
Alle diese Briefstellen zeigen wohl deutlich, dass Gauss einerseits durch
andere Dinge noch zu sehr beschäftigt war, um dem Magnetismus mehr als
ein allgemeines Interesse entgegenzubringen. Anderseits fehlte Gauss auch
das Material, dessen er zur Durchführung seiner wissenschaftlichen Pläne be
durft hätte, und man darf annehmen, dass diese selbst noch nicht über eine
allgemeine Konzeption hinaus gediehen waren.
4. Es bedurfte neuer Anstösse, um den Stein ins Rollen zu bringen.
Diese sind einmal in der allgemeinen wissenschaftlichen Situation der
1) Gauss-Olbers II, 2, S. 8,
2) Chr. Hansteen, Untersuchungen über den Magnetismus der Erde, (nebst Atlas); Christiania 1819.
3) Gauss-Olbers II, 2, S. 13.