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CLEMENS SCHAEFER, ÜBER GAUSS’ PHYSIKALISCHE ARBEITEN.
Vierter Abschnitt.
Die allgemeine Theorie des Erdmagnetismus und die Unter
suchungen zur Potentialtheorie.
41. Der Gedanke, eine allgemeine Theorie des Erdmagnetismus zu ent
werfen, hat Gauss schon sehr lange vorgeschwebt. Er hat, wie wir später
(Art. 51) noch ausführlich begründen werden, unzweifelhaft bereits im Jahre
1806 die allgemeine Konzeption einer solchen Theorie gehabt und späte
stens im Jahre 1832 alle wesentlichen Züge derselben besessen und ist nur
durch die Mangelhaftigkeit des Beobachtungsmaterials zunächst davon abge
halten worden, die allgemeine Theorie auszuarbeiten bezw. zu veröffentlichen.
Am 3. Mai 1832 schreibt er 1 ) an Schumacher: ». . . . Dies ist der Erd
magnetismus, und ich möchte wohl Ihre Verwendung ansprechen, um einen
Wunsch in Erfüllung gehen zu sehen. Der vortreffliche Hansteen hat uns
vor einiger Zeit eine Karte der isodynamischen Linien geliefert, und hoffent
lich haben wir von demselben auch bald neue Deklinations- und Inklinations
karten zu erwarten. Dadurch werden dann die magnetischen Erscheinungen
vollständig dargestellt, und für die meisten Personen wird die Darstellung in
dieser Form am angenehmsten sein. Allein — was Ihnen vielleicht anfangs
paradox erscheinen wird — für denjenigen, der versuchen will, das Ganze der
Erscheinungen einer möglichst einfachen Theorie unterwürfig zu machen, ist
diese Darstellung nicht die zweckmässigste, sondern eine andere wäre zu diesem
Zweck von viel unmittelbarerer Brauchbarkeit. Nämlich durch drei Karten,
die die drei partiellen Intensitäten vor Augen legten. Es sei rn die ganze
magnetische Kraft* i die Neigung, o die Abweichung; dann werden die drei
partiellen Kräfte;
£ = m sin i in vertikaler Richtung,
7] = m cos i sin o in horizontaler Richtung nach Norden,
C = m cos o in horizontaler Richtung nach Westen.
Wären die drei Karten für £, 7], £ vorhanden, so wäre ich geneigt, einen Ver
such der oben angedeuteten Art zu machen; vielleicht entschlösse sich Herr i)
i) Gauss-Schtjmacher II, S. 29 5; Werke XI, 1, S. 7 3.