Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

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CLEMENS SCHAEFER, ÜBER GAUSS’ PHYSIKALISCHE ARBEITEN. 
mischen, d. h. mit den ponderomotorischen Kräften, die verschiedene Ströme 
auf einander ausüben. So wurde Gauss zwangsläufig auch zur Untersuchung 
der elektrodynamischen Kräfte geführt. Diese hatte Ampere in einer Anzahl 
klassischer Abhandlungen auf ein »Elementargesetz« zurückgeführt, d. h. auf 
ein Gesetz für Stromelemente. Diese AMPEREschen Untersuchungen waren 
Gauss geläufig. Das AMPEREsche Gesetz kommt in seinen Notizen sehr häufig 
und zwar in den verschiedensten Formen vor, die alle auch bei Ampere vor 
handen sind. Aber in zwei Eichtungen geht Gauss von vornherein über seine 
Vorgänger hinaus. 
Es ist bekannt, dass ein Elementargesetz nur in dem Sinne »richtig« sein 
kann, als es die Erscheinungen an geschlossenen Strömen richtig wieder 
gibt, weil es nur geschlossene Ströme gibt. Die Zeit vor Maxwell hielt je 
doch auch ungeschlossene Ströme für möglich, und für sie hatte daher die 
Frage nach dem »richtigen« Elementargesetz noch eine tiefere Bedeutung: 
Verschiedene Elementargesetze nämlich, die für geschlossene Ströme iden 
tische Eesultate liefern, führen für ungeschlossene Ströme im allgemeinen 
zu verschiedenen Ergebnissen und könnten daher an solchen geprüft wer 
den. Ein vom AMPEREschen total abweichendes Elementargesetz hat z. B. 
H. Grassmann 1 ) vorgeschlagen, und dieser befürwortet Versuche an unge 
schlossenen Strömen zur Entscheidung zwischen seinem und dem AMPEREschen 
Gesetz. Mathematisch gesprochen beruht der Unterschied zwischen solchen 
Elementargesetzen darin, dass man totale Differentiale nach s und s' hinzu 
fügen und fortlassen darf, da diese bei der Integration über einen der beiden 
geschlossenen Stromkreise fortfallen. Dieser Gesichtspunkt, den später (1870) 
Helmholtz') hervorgehoben hat, ist Gauss vollkommen geläufig, und so ist es 
denn nicht merkwürdig, dass er bei seinen Untersuchungen auch auf die 
GRAssMANNSche Form des Elementargesetzes gestossen ist — wenigstens zehn 
Jahre vor Grassmann. 
Das AMPEREsche Gesetz für die Kraft zwischen zwei Stromelementen J ds 
und J'ds' im Abstande r lautet 
(84) JJ 1 da ds j _ CQg {) CQg ft' _|_ CQS £ |. 1 2 
1) H. Grassmann, Pogg. Ann. 64, 1845, Gesammelte Werke, Bd. II, 2, S. 147 ff. 
2) H. v. Helmholtz, Ges. Abhandl. I, S. 54 5.
	        
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