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CLEMENS SCHAEFER, ÜBER GAUSS’ PHYSIKALISCHE ARBEITEN.
gewesen zu sein, der erkannt hat, dass eine paraxiale Abbildung durch eine
brechende sphärische Fläche die Verhältnisse der kollinearen Verwandt
schaft zum Ausdruck bringt, aber erst Maxwell 1 ) und unabhängig von
ihm Abbe') haben bei der Ableitung der allgemeinen Gesetze der op
tischen Abbildung alle Voraussetzungen über ihre Verwirklichung zu
nächst ganz beiseite gelassen. Man kann eben rein geometrisch
zu den Begriffen der Hauptpunkte, Knotenpunkte, Brennpunkte usw., d. h.
zu allen Fundamentaleigenschaften der Abbildung gelangen. Während die
GAusssche Herleitung den Eindruck hervorrufen muss, als seien alle diese
Begriffe auf die Verwendung enger Büschel beschränkt, so zeigt vielmehr
die geometrische Untersuchung, dass die kollineare Verwandtschaft und damit
auch diese Fundamentalbegriffe bei beliebig weit geöffneten Strahlenbüscheln
möglich sind, nämlich geometrisch möglich sind, während nur die physi
kalische Herstellung solcher Verwandtschaft bei Gauss auf enge Büschel
beschränkt ist.
101. Nach Gauss’ Angaben reichen die Anfänge der Dioptrischen Unter
suchungen um 40 bis 45 Jahre zurück. Auch wenn wir die kleinere Zahl
nehmen, kommen wir in das Jahr 1800. Aus so früher Zeit haben wirkeinen
urkundlichen Beleg dafür, vielmehr hat Gauss sich zum ersten Male über
dioptrische Probleme geäussert in dem früher erwähnten Briefwechsel mit
Eepsold, d. h. im Jahre 1807.
In seinem Nachlass jedoch finden sich Aufzeichnungen * 1 2 3 ), die offenbar eng
mit dem Thema der Dioptrischen Untersuchungen Zusammenhängen, und die
aus relativ früher Zeit stammen: Diese Notizen sind nämlich sicher nicht
später als 1817 und nicht vor 1814 entstanden 4 ).
wandtschaft, Sitzungsber. d. sächs. Akad. d. Wissensch., Math.-phys. Classe, Bd. 7 (1855), S. 8—32, Möbius’
Gesammelte Werke IV (1887), S. 541—568.
1) J. C. Maxwell, Scientif. Pap., Bd. I, S. 271 (18 56).
2) E. Abbe, in seinen Vorlesungen etwa 1873 ; siehe dazu Winkelmann, Handbuch der Physik,
2. Aufl., Bd. VI, S. 2 7 ff.
3) Handbuch 21 (Bg), S. 27/28; Werke XI, l, S. 115ff.
4) Diese Datierung ergibt sich folgendermassen: Die Aufzeichnungen sind enthalten im Handbuch 21
(Bg), das nach Gauss’ eigener Mitteilung angefangen ist im September 1813, und zwar stehen sie auf den
Seiten 27 und 28. Unmittelbar anschliessend, nämlich auf den Seiten 29/30 befindet sich die Aufzeich
nung über achromatische Doppelobjektive, d. h. die Vorarbeit zur Berechnung des GAUSSSchen Ob
jektivs, das Ende 1817 veröffentlicht wurde.