36 MARTIN BRENDEL, ÜBER DIE ASTRONOMISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
ehe er von dort zurückkam, war Gauss’ Berufung nach Göttingen zu Stande
gekommen und dieser hatte schliesslich noch den Verdruss, dass das schöne
Instrument auf einen Antrag von Gelpke 1 ) vom 10. Oktober 180 7 dem Col
legium Carolinum zum Gebrauch beim Unterricht überwiesen wurde. Auf den
kurzen Befehl, das Instrument abzuliefern, der ihm vom Ministerium noch am
gleichen Tage zuging, berichtete Gauss wie folgt in einem an den Geheimrat
von Wolffradt gerichteten Brief:
»Es ist mir gestern von Seiten des Hohen Ministern ein Reskript zuge
kommen, welchem zufolge ich das in meinen Händen sich befindende Spiegel
teleskop an die mir von dem Konzilium des Collegii Carolini anzuzeigende
Person abgeben soll. Ich bin bereit, den Befehlen des Hohen Ministern Folge
zu leisten; inzwischen würde ich glauben, meinen Pflichten sowohl gegen
mein mir ewig teures Vaterland als gegen die Wissenschaften zuwider zu
handeln, wenn ich unterliesse, Ewr. Exzellenz untertänigst auf einige Umstände
aufmerksam zu machen, die dem Hohen Ministerium nicht bekannt sein
konnten, und sonst vielleicht Dessen Absichten wegen des künftigen Gebrauchs
jenes Instruments modifiziert haben würden, umsomehr da ich persönlich da
bei garnicht interessiert bin. Ich nehme mir daher die Freiheit, Ewr. Ex
zellenz kostbare Zeit auf einige Minuten wegen dieses Gegenstandes in An
spruch zu nehmen: um dabei ganz verständlich zu sein, muss ich auch einige
frühere Umstände berühren.
Im Jahre 1804 erhielt ich aus Lilienthal die Nachricht, dass dort ein
10-füssiger Teleskopspiegel, dessen Vortrefflichkeit man ungemein rühmte, feil
sei; des Höchstseligen Herzogs Durchlaucht, der zufälligerweise davon hörte,
gab Befehl, solchen für die damals intendierte Sternwarte anzukaufen. Dies
geschah, der Spiegel kam hier an, und mir wurde der Auftrag gegeben, die i)
i) Über diesen Mann berichtet Hänselmann, K. F. Gauss, Zicölf Kapitel aus seinem Leben, S. 83.
Am Collegium Carolinum hielt seit einiger Zeit Dr. August Heinrich Christian Gelpke, Subkonrektor
des Martineums, astronomische Vorlesungen. Ein komischer Herr; wenn in späteren Jahren seine Zuhörer
ihm unermüdlich die Neckfrage nach den drei grössten Astronomen vorlegten, nannte er Keppler und La
Place, den dritten namhaft zu machen, verbot ihm seine Bescheidenheit. Dieser Mann war es, der sich
am 10. Oktober 180 7 an ein Mitglied der interimistischen Landesregierung, Geheimrat v. Wolffradt, mit
der Bitte wandte, ihm zum Besten jener seiner Vorlesungen das zehnfüssige NewtonscIic Teleskop zukommen
Zu lassen «welches der Dr. Gauss nur als ein von Sr. Durchlaucht dem verstorbenen Herzoge geliehenes
Gu^ besitzt, wie ich gehört habe, und der in diesen Tagen von hier nach Göttingen abreist«.