72 MARTIN BRENDEL, ÜBER DIE ASTRONOMISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
Mir deucht, dass man auf diese Weise auch den Positionswinkel bei einem
Doppelstern mit vieler Genauigkeit müsse bestimmen können, nur dürfte man
zu diesem Behuf die beiden Bilder nicht sowohl zur Deckung, sondern bei
vergrösserter Distanz der Objektivhälften die vier Bilder auf eine gerade Linie
bringen. Ich denke für unser Heliometer auch ein parallatisches Stativ
machen zu lassen, auch in der Absicht, das Auffinden kleinerer Sterne, oder
grösserer am Tage, zu erleichtern und möglich zu machen.« Ein älteres Helio
meter war bereits auf der Sternwarte vorhanden. Im Briefe an Gebers vom
15. Juni 1814 kündigt Gauss auch diesem die Ankunft des Heliometers an und
bemerkt dazu: »Ein DoLLONDsches Heliometer habe ich nie gesehen; ich meine
aber, dass diese meistens so eingerichtet sind, dass vor ein vollständiges achro
matisches Fernrohr zwei (nichtachromatische) Objektivhälften von bedeutender
Brennweite vorgesetzt werden, deren Zentrumdistanz durch Skale und Vernier
gemessen wird; wenigstens ist das Seeberger Heliometer so nach Nicolais Be
schreibung; denn dieser (welcher es nur obenhin betrachtet hatte) erzählte mir
gestern, dass es nur Plangläser schienen; ebenso wird wahrscheinlich das Königs
berger sein, da es als Akzessorium zu einem vollständigen Äquatoreal gehört.
Ein solches Heliometer kann also, als optisches Werkzeug betrachtet, nicht mehr
leisten, als ein gemeines Fernrohr von grosser Brennweite. Bei dem unsrigen
ist nur Ein zerschnittenes achromatisches Objektiv von 43 Par. Zoll Brennweite,
34 Lin. Öffnung, 4 Yergrösserungen von 50, 70, 100, 150. Dies Fernrohr,
wenn beide Objektivhälften zusammengebracht werden, ist von ungemeiner
Vollkommenheit; ich habe weder Mond noch Sonne je schöner gesehen. Am
Monde drängt sich mir unwillkürlich die Körperlichkeit der Gebirgsgegenden
auf; auf der Sonne zeigen sich jetzt ausser einem kleinen Flecken nebst drei
oder vier sehr kleinen andern dabei überall Ungleichheiten, namentlich habe
ich heute nordöstlich eine Stelle sehr auffallend bemerkt, die gerade so aus
sieht, wie bald nach Sonnenuntergang im orangefarbenen Abendhimmel ein
weissliches Wölkchen, gewiss werden Sie es nach Empfang dieses Briefes auch
noch mit Ihrem schönen Dollond wahrnehmen können. Saturn habe ich
noch nicht gesehen. — Die Entfernung der Centrorum der Objektivhälften
wird durch Umläufe und Teile ( T ^Vo leicht abzulesen) einer trefflich gearbeiteten
Schraube gemessen, ein Umgang beträgt 56". Verschiedene Bestimmungen des
Error Indicis aus grossen und kleinen Objekten, himmlischen und irdischen,