82 MARTIN BRENDEL, ÜBER DIE ASTRONOMISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
Stadtmauer angelegt worden war, sich nicht dazu eignete, irgend eines von
den vollkommneren Werkzeugen aufzunehmen, wodurch in den letzten 30
Jahren die astronomischen Beobachtungen so sehr verfeinert worden sind, so
ward das Bedürfnis einer neuen Sternwarte immer fühlbarer und notwendiger,
wenn Göttingens Verdienste um die Astronomie nicht ganz aufhören und
angehende Astronomen hinfort Gelegenheit finden sollten, sich hier auszubilden.
Schon in dem letzten Dezennium des vorigen Jahrhunderts beschloss daher die
königl. Regierung eine neue, ganz nach den Bedürfnissen für den gegenwärtigen
Zustand dieser Wissenschaft eingerichtete Sternwarte zu errichten. Es wurden
zu dem Ende von den berühmtesten praktischen Astronomen Vorschläge zur
vollkommensten Einrichtung und Gutachten über ein passliches Lokal einge
holt, und nach diesen Vorbereitungen um die königl. Genehmigung zur Aus
führung dieses Baues nachgesucht. Georg III., als erhabener Selbstkenner
der Astronomie und liberaler Beschützer und Beförderer der Wissenschaften
t
überhaupt, geruhte nicht nur den Plan in seiner ganzen Ausdehnung zu ge
nehmigen, sondern auch den möglichst baldigen Beginn des Baues zu befehlen
und dazu fürs erste die Summe von 23 500 Rtlr. zu bewilligen.
»Unter mehreren in Vorschlag gebrachten Plätzen für das neue Gebäude
entschied das Urteil der Kunstverständigen für einen südöstlich von der Stadt
ausserhalb des Geismartores befindlichen, welcher bei einer mässigen Entfernung
von der Stadt eine in diesem Leinetale ziemlich freie Aussicht und — das
Haupterfordernis einer Sternwarte — einen sehr festen Grund hat. Schon im
Frühjahr 1802 ward der zu dieser neuen Anlage erforderliche Grund und
Boden angekauft, mit der Herbeischaffung der Baumaterialien der Anfang ge
macht, und die Gründung des Hauptgebäudes im April 1803 wirklich voll
zogen. Es war der Plan, den ganzen Bau innerhalb 4 bis 5 Jahren zu vol
lenden; allein die gleich darauf erfolgte französische Invasion veranlasste, dass
der eben angefangene Bau wieder eingestellt werden musste, als die Grund
mauern kaum 3 Fuss hoch aufgeführt waren. Zwar gab die 1806 erfolgte
preussische Besitznahme von dem hannoverschen Lande einige Hoffnung, dass
der Bau in kurzem fortgesetzt werden könne; allein die noch im Herbste des
selben Jahres erfolgte Katastrophe, welche abermals eine neue heillose Um
wandlung herbeiführte, schlug alle Hoffnungen in Hinsicht dieses Gebäudes
auf einige Jahre wieder gänzlich nieder. Erst im Jahre 1810 ward von der