PRAKTISCHE UND SPHÄRISCHE ASTRONOMIE. 4. PERIODE, GÖTTINGEN 1817 —1818. 87
In den ersten 1£ Jahren nach dem Bezüge der neuen Sternwarte hatte
Gauss daher zu seinem Leidwesen kein grösseres brauchbares Instrument zur
Verfügung, worüber er häufig klagte. Die Ungewissheit, wann der Bau der
Sternwarte fertig werden würde, hatte ihn veranlasst, die Bestellung der In
strumente hinauszuschieben; an Besser hatte er darüber am 18. (28.?) Mai 1814
geschrieben: »Das Hauptgebäude ist bis auf den innern Ausbau beinahe fertig,
die Seitenflügel sind noch gar nicht angefangen. Es wird also immer noch
ein Weilchen dauern, bis ich in dieser Rücksicht so glücklich bin wie Sie.
Ihnen war es so vorteilhaft, dass die Instrumentalausrüstung schon im voraus
da war, mir hingegen ist es nachteilig, dass überall das Vorurteil sitzt, als
sei hier ein ähnlicher Fall. An die Bestellung derjenigen Instrumente, wo
durch die Sternwarte erst Wert erhalten wird, ist noch gar nicht gedacht.
Ich habe absichtlich darüber noch keine speziellen Schritte getan, teils um
durch die zu grosse Summe nicht abzuschrecken (für den Bau allein werden
von jetzt an noch etwa 25 000 Taler nötig sein), teils weil ich bei der Un
gewissheit, wie lange die Vollendung des Baues sich noch verzögern könne,
mich nicht in den Fall setzen wollte, die Hauptinstrumente vielleicht viele
Jahre in der Kiste stehen zu haben, zumal in einem Zeitpunkt, wo die astro
nomischen Instrumente von Jahr zu Jahr so mannigfache Verbesserungen er
halten.«
Die letzte auf der alten Sternwarte eingetragene Notiz im Tagebuch der
Sternwarte ist vom 13. Juni und die erste auf der neuen Sternwarte vom
13. Oktober 1816. Nachdem schon seit dem 27. Februar 1814 das Tage
buch keine regelmässigen Fixsternbeobachtungen am Quadranten von
Harding mehr aufweist, weil dessen Beobachtungen für seine Sternkarten
vermutlich zum Abschluss gekommen waren, und für die Zeitbestimmungen
fast nur Sonnonbeobachtungen am Quadranten, sowie korrespondierende und
Zirkummeridianhöhen der Sonne von Gauss’ Hand enthält, rühren auch
die Eintragungen auf der neuen Sternwarte fast ausschliesslich von Gauss’
Hand her. Ausser den eben genannten laufenden Beobachtungen, den bis
1818 fortgesetzten und bereits oben besprochenen Untersuchungen über die
Polhöhe und die Schiefe der Ekliptik mit dem ReichenBAcnschen BoRDAkreise
und den Messungen mit dem Heliometer betreffen sie nur vereinzelte Beob
achtungen von Kometen, Planeten und anderen Himmelserscheinungen, da-