156 MARTIN BRENDEL, ÜBER DIE ASTRONOMISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
nete Gleichung. Sie steht auf den Werke XI, 1, S. 222, abgedruckten
ersten Seiten des Handbuchs Bb als Gleichung I und findet sich wieder
als Gleichung (7) des Artikels 6 in der soeben erwähnten Summarischen Über
sicht'). Gauss sagt dort von ihr: »Diese Formel ... ist der wichtigste
Teil der ganzen Methode und ihre erste Grundlage« und schreibt in
dem die Sendung an Olbers begleitenden Briefe vom 6. August 1802:
»Der wesentlichste Punkt ist die Formel (7) im 6. Artikel, auf die ich
vor beinahe einem Jahr auf einem ganz anderen Wege kam. Sie ist ge-
wissermassen das Pendant zu der Ihrigen 1 2 ) und man könnte sagen, dass
beide ein zweites Differential brauchen; die Ihrige braucht die Veränderung
der geozentrischen Geschwindigkeit, um das Verhältnis der Abstände, die
meinige braucht die Veränderung der Richtung, um die Abstände selbst zu
finden. Dass es ausser der Ihrigen Formel noch eine ähnliche geben müsse,
hatte ich vor fünf Jahren geahnt, da ich zum erstenmal Ihre Bestimmung der
Kometenbahn las; ich äusserte damals etwas darüber gegen den sei. Lichten
berg, der mich sehr aufmunterte, mich in die Untersuchung einzulassen, allein
meine damaligen sehr eifrigen Beschäftigungen mit der hohem Arithmetik,
sowie mit Untersuchungen aus einem andern Fache der Analyse 3 ), worüber
ich Ihnen in Zukunft einmal schreibe, brachten mir den Gegenstand bald
wieder aus dem Sinne. Als ich im vorigen Jahre ganz unvermutet auf die
Formel geriet, sah ich sogleich, von welchem Werte sie zur Abkürzung der
ersten Annäherungsversuche bei einer von Hypothesen unabhängig sein sollen
den 4 ) Bestimmung der Bahn eines Himmelskörpers sein müsse. Glücklicher
weise erhielt ich um die Zeit gerade die PiAzzischen Beobachtungen im Seji-
temberheft der Monatl. Corr., an denen ich mich sogleich eine Probe der
Methode zu machen entschloss. Die Verschiedenheit meiner Resultate von
den vorhergegangenen bestimmte mich, sie bekannt zu machen, und die
1) Werke VI, S. 158—159.
2) Nämlich der bekannten OLBERSSchen Beziehung zwischen den Abständen von der Erde im ersten
und dritten Ort, Gleichung 6) auf S. 160. — Brdl.
3) Gemeint sind wohl die aus dem Jahre 1797 stammenden Untersuchungen über lemniskatische Funk
tionen; vergl. überhaupt die Nummern 50—82 des Tagebuchs Werke X, 1, S. 509—525, in denen über
Gaüss’ mathematische Untersuchungen während des Jahres 1797 berichtet wird. — Brdl.
4) Diese Worte bestätigen die oben ausgesprochene Vermutung, dass Gauss sogleich daran dachte,
eine von willkürlichen Voraussetzungen freie Methode der Bahnbestimmung zu finden. — Brdl.