THEORETISCHE ASTRONOMIE. STÖRUNGSRECHNUNGEN. GESCHICHTLICHES, 201
berechnen angefangen hatte, habe ich doch wieder anfgegeben. Das gar zu
viele mechanische tote Rechnen, was ich dabei vor mir sah, hat mich abge
schreckt; auch selbst wenn alle Rechnungen, die ich Fremden hätte über
tragen können, von Herrn Bessel und Herrn v. Lindenau (der sich gleichfalls
mich bei dergleichen Arbeiten zu unterstützen gefälligst erboten hat) über
nommen wären, würde für mich noch mehr übrig geblieben sein, als meine
Geduld hätte bestreiten können.
»Ich habe indessen bereits eine andere Methode ausgesonnen, die ebenso
weit führen kann, als jene, aber bei weitem weniger — obwohl künstlichere
— Arbeit erfordert. Ich habe schon stark angefangen, sie auf die Ceres an
zuwenden, wiewohl vorerst nur nach einem eingeschränktem Plane, indem
ich nur bis an die 5. Potenzen der Exzentrizitäten von %. und p gehe. Diese
Methode hat um so mehr Reiz für mich, da ich dabei von vielen, schon vor
längerer Zeit angestellten, ziemlich tiefen Untersuchungen über eigene Arten
von transzendenten Funktionen einen glücklichen Gebrauch machen kann.
Ich werde in der Folge Ihnen eine Idee davon zu geben suchen. Auch hoffe
ich, dass ich im Stande sein werde, alles so einzurichten, dass ich durch eine
fremde Unterstützung eine ansehnliche Erleichterung erhalte, zwar nicht bei
meiner diesmaligen Rechnung für die p (denn gerade in dem Teile, wo Hilfe
zu brauchen wäre, bin ich schon selbst zu weit vorgerückt), aber doch wenn
ich dieselbe wiederhole, welches nötig sein wird, da ohne Zweifel die er
weiterten Störungsgleichungen noch mit ansehnlichen Änderungen in den Ele
menten selbst verbunden sein werden — oder auch wenn ich einst diese Ar
beit bei der ^ und $ vornehme, wo sie beträchtlich weitläufiger sein wird.«
Die von Gauss hier erwähnte »andere Methode«, die er »ausgesonnen«,
beruht einerseits auf seinen Untersuchungen über Interpolationstheorie, über
die er an Gebers am 3. Januar 1806 schreibt, andererseits auf den Entwick
lungen, die er im Briefe an Bessel vom 3. September 1805 1 ) auseinandersetzt.
Es ist die oben (S. 195) erwähnte gemischte Methode, nach der die zweite
Berechnung der Ceresbahn ausgeführt worden und die unten S. 227 f. be
sprochen ist. Gauss hat nach ihr nur die Breitenstörungen berechnet, die
am leichtesten durchzuführen waren, und gerade nach der ersten Rechnung
1) Werke X, l, S. 237.
XI2 Abh. 3.
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