THEORETISCHE ASTRONOMIE. STÖRUNGSRECHNUNGEN. GESCHICHTLICHES. 207
Im Nachlass haben sich nur vereinzelte ganz spärliche Notizen über diese
Entdeckung anffinden lassen; sie sind Werke VII, 1906, S. 557 — 559 mit den
nötigen Ergänzungen abgedruckt 1 ).
Von vornherein besteht kein Zweifel, dass Gauss hier die Erscheinung
meint, die Laplace bereits bei den Jupitersmonden entdeckt hatte 2 ) und die
auch in der Theorie der kleinen Planeten eine Rolle spielt. Die Analogie
mit der Rotation des Mondes, auf die Gauss hinweist, ist allerdings nur eine
äusserliche; sie hat aber wohl schon Laplace veranlasst, den Ausdruck Li-
bration dafür zu gebrauchen.
Gauss schreckte nicht davor zurück, die ganze gewaltig umfangreiche
Rechnung der allgemeinen Störungen zu wiederholen 3 ) und dabei schärfer zu
rechnen, indem er die 11. Potenzen der Exzentrizität berücksichtigte. Er
begann diese Arbeit sofort im April (oder schon Ende März) 1812.
Über den ersten Teil dieser Rechnung hat Gauss ein ausführliches Tage
buch geführt, das vom 5. April bis zum 25. November 1812 reicht und an
gibt, welche Rechnungen er an einzelnen Tagen vollendet, wieviel Ziffern er
gerechnet hatte, wieviel noch zu rechnen übrig waren, und wann diese voraus
sichtlich fertig sein würden. Dies Tagebuch ist Werke VII, 1906, S. 605 — 607
abgedruckt; mit Präparation der Jupiter- und der Pallasörter bezeichnet Gauss
die Berechnung der Koordinaten dieser Planeten, aus denen weiter die Kom
ponenten T, V., W der Störungsfunktion folgen.
Bei der Berechnung der Koordinaten, die im Handbuch Be, S. 97 — 99
steht, finden sich auch Notizen, nach denen Gauss in der Tat die Ziifern ge
zählt hat, die er beim Rechnen hat schreiben müssen. Eine Nachzählung
der Ziffern würde schon an sich eine gewaltige Arbeit sein.
Fast das ganze Tagebuch handelt, bis 9. Juli, nur von der Berechnung
und Interpolation der Grössen T, V, W.
Nach dem Tagebuch erforderte diese das Schreiben von 338 400 Ziffern,
dagegen die Berechnung der Störungen der halben grosse Achse 51 040, und
die für Knoten, Neigung und Exzentrizität zusammen circa 1 40000. Die
ganze Arbeit wird man daher wohl auf 7 — 800000 Ziffern schätzen können.
1) Vergl. unten S. 245.
2) Mécanique céleste, t. IV, 180 5, S. ie und C4f.
3) Yergl. unten S. 237.