82 A. GALLE, ÜBER DIE GEODÄTISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
zweijähriger Zwischenzeit dem ersten folgen lassen. Zwei darin enthaltene
Aufgaben sind vielleicht mit durch die praktischen geodätischen Arbeiten ver
anlasst worden. Die eine betrifft die Hinzuziehung einer neuen Beobachtung
(Art. 35), die andre eine nachträgliche Gewichtsänderung einer Beobachtung
(Art. 36) und zeigt, wie ohne Wiederholung der ganzen Rechnung das Er
gebnis verbessert wird.
37. (1823) Pläne für Erweiterung der Gradmessung. Für die Feldarbeiten 1 )
standen in diesem Jahr zwei notwendige Ergänzungen im Vordergründe: der An
schluss an die dänische Gradmessung und die Verknüpfung mit den hessischen
Dreiecken. Dass die Messungen im vergangnen Jahre rascher vorgerückt und
besser geworden waren, glaubte Gauss der Hilfe seines Sohnes neben der
seiner älteren Mitarbeiter zu verdanken 1 2 ). Mit einem vierten Gehilfen und
einem weiteren Heliotrop wäre er seiner Meinung nach noch weiter gekommen,
aber man hatte ihm wiederholt die möglichste Kostenersparnis ans Herz gelegt.
Immerhin dachte er daran, einen Neffen von Olbers, Adolf Kulenkamp, der
bei Bessel studiert hatte, für den Fall anzunehmen, dass sich seine Messungen
weiter ausdehnen sollten. In der Tat trug er sich mit dem Plane, seine Tri
angulation nach Westen zu erweitern, um an die KRAYENHOFFschen Dreiecke
anzuschliessen und auf diese Weise eine Verbindung mit dem englisch-franzö-
1) Am 30. März schrieb Gauss an Olbers (G.-O. Nr. 469): »Gar wenig hat gefehlt, dass es mit
meinen Gradmessungsarbeiten und allem Ähnlichen auf einmal ganz vorbei gewesen wäre, durch einen Sturz,
den ich vor acht Tagen von einem nicht zugerittenen Pferde auf das Pflaster tat. Diesmal bin ich aber
buchstäblich noch mit einem blauen Auge davon gekommen, d. i. mit einigen Fleischwunden am Arme, an
der Nase und einer Quetschung hart unter dem Auge, welches ich allein zum Observieren brauchen kann.
Jetzt sind meine Wunden schon ganz wieder geheilt und blos noch einige Regenbogenfarben unter dem
Auge übrig. Das Auge selbst ist garnicht affiziert gewesen«.
2) »Die wirklichen Messungsarbeiten haben in diesem Jahre vier Monate gedauert, nämlich bis Mitte
Oktobers, und während dieser Zeit sind neun Hauptdreieckspunkte absolviert: im Jahre 1821 konnten in einer
nicht viel kürzeren Zeit nur fünf vorgenommen werden; dies so viel raschere Fortschreiten ist hauptsächlich
der Vermehrung der Zahl der Gehilfen und der Heliotrope zuzuschreiben; allein noch wichtiger ist der
daraus erhaltene Gewinn in der Yergrösserung der Genauigkeit der Messungen selbst.« Werke IX, S. 411.
»Mein ältester Sohn hat in diesem wie in den beiden vorhergehenden Jahren an den Geschäften teilgenommen
und an praktischen Arbeiten so viel Neigung gewonnen, dass er seinen früheren Entschluss, die Rechte zu
studieren, aufgegeben hat und als Kadet in unser Artilleriekorps eingetreten ist. Er hat viel Geschick zu
praktischen Arbeiten, aber nicht so feurige Liebe zur abstrakten Spekulation, dass ich es hätte gern sehen
können, wenn er sich der Mathematik ex professo gewidmet hätte. Jetzt, denke ich, ist er am rechten
Platz«. G.-B. Nr. 146.