ASTRONOMISCHE ANTRITTSVORLESUNG.
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Familienpapieren, die (wie z. B. auch das Tagebuch, vergl. Werke X, l, S. 48 6) gemäss der Verfügung von
Carl Gauss (dem am 22. Januar 1927 in Hameln verstorbenen Sohne von Joseph G.) dauernd im Gauss-
archiv aufbewahrt werden. In der Handschrift folgen auf den oben wiedergegebenen Text noch Literatur
angaben und einige Stichworte zur sphärischen Astronomie, deren Abdruck unterlassen wurde.
In Nr. 35 der Yierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich vom Jahre 1890 (S. 236 ff.)
berichtet Rudolf Wolf über ein Kollegheft, das Peter Merian aus Basel im Sommer 1815 nach einer
Vorlesung von Gauss über die Elemente der Astronomie nachgeschrieben hat. Der Geologe Bernhard
Studer sei im Jahre 1816 mit Merian in Göttingen bekannt geworden und habe mit Merians Erlaubnis
sich eine Abschrift des Kolleghefte 8 angefertigt, die nach einer letztwilligen Verfügung Studers in der
historischen Sammlung der Züricher Sternwarte aufbewahrt wird. Die von Wolf a. a. O. abgedruckten
Stellen aus dem Heft decken sich inhaltlich zum Teil mit der vorstehend abgedruckten Handschrift.
Man darf wohl annehmen, dass Gauss diese für seine erste astronomische Vorlesung angefertigt und auch
später bei seinen Vorlesungen über allgemeine Astronomie benutzt hat, woraus sich die Bezeichnung des
Aufsatzes als »Antrittsvorlesung« rechtfertigen dürfte.
Nach den Ankündigungen der Vorlesungen in den Gott. Gelehrten Anzeigen hat Gauss für das
Sommersemester 1808, in dem er wohl zum ersten Male las, kurzweg Astronomie als einzige Vorlesung an
gekündigt, und im oben erwähnten Sommer 1816, Theoretische Astronomie ferner Art und Weise, die
Bewegungen der Kometen zu berechnen und Praktische Astronomie, privatissime. Der Titel keiner dieser
Vorlesungen deckt sich genau mit dem des MERlANSchen Kollegheftes; doch ist anzunehmen, dass dieses
sich auf die Theoretische Astronomie bezieht.
In Bezug auf das Zitat aus Jean Paul (oben S. 194*)) ist es von Interesse, dass Charles de Villers
(der von 1811 bis 1814 Professor in Göttingen war) in einem Briefe an Jean Paul vom 2. Januar 1813,
dessen Handschrift sich in der Preussischen Staatsbibliothek befindet, schreibt: »Unter Ihren wärmsten An
betern hier ist auch zu zählen der Himmel- und Zahl- und Sideral-Mann, Prof, Gauss. Der stille, sanfte,
geistreiche Gauss liest und liebt Sie beinahe so leidenschaftlich als ich; — diese gemeinschaftliche Neigung
hat gegenseitige Neigung zwischen uns gestiftet und ich habe den Freund Ihnen zu danken, mit dem ich
vielleicht sonst wenig Berührungspunkte gehabt hätte.« — Wir verdanken diese Briefstelle einer freund
lichen Mitteilung von Eduard Berend in Berlin.
Brendel. Schlesinger.
*) Es heisst in Jean Pauls Hesperus, zu Anfang des 13. Hundposttages (Sämmtl. Werke VII, Berlin
1926, S. 237): ». . . Diese Menschen . . . ehren ... in der erhabenen Astronomie nur die Verwandlung der
Sonnen in Schrittzähler und Wegweiser für Pfeflferflotten . . ,«.