39. Gauss an Encke.
Göttingen, 25. Februar 1819.
Ich beschäftige mich jetzt mit Untersuchungen aus der Wahrscheinlich
keitsrechnung, wodurch die sogenannte Methode der kleinsten Quadrate auf
eine neue Art begründet wird, unabhängig von dem Gesetz der Fehler und
der Voraussetzung einer grossen Zahl der Beobachtungen. Auf ersterm be
ruhete meine Begründung in der Tk[eoria] M[otus] C\orporum] C[oelestium\, auf
der andern die LAPLAcnsche. Ausserdem werde ich einige Untersuchungen
weiter ausführen oder specieller behandlen, da ich bemerkt habe, dass häufig
die Methode der kleinsten] Quadrate auf eine Art angewandt wird, die dem
eigentlichen Geiste nicht ganz gemäss ist. Eine Berichtigung eines bis jetzt
ganz allgemeinen Irrthums will ich hier besonders anführen. Ich habe in der
Zeitschrift] f[ür] Astronomie*)] gezeigt, wie man aus n wirklich begangnen
Beobachtungsfehlern s, s', e", e'" ... den wahrscheinlichen (Littrow nennt ihn
unpassend wahrscheinlichsten) Beobachtungsfehler ableiten kann, welcher
’ e e -f■ t' z' z" t" -|- etc.
0,67
\J-
wird. Dies hat seine Richtigkeit, wenn s, t etc.
die wirklichen Beobachtungsfehler sind. Ich habe als solche in meinem Bei
spiel die Differenzen der jedesmaligen Beobachtungen] von dem Mittel an
genommen, und bei einer so grossen Anzahl Beobachtungen] hat dies auch
weiter nichts zu sagen. Aber streng ist es nicht. Nach der strengen Theorie
muss man, wenn e, e', e" etc. nicht die Beobachtungsfehler, sondern die Diffe
renzen zwischen den beobachteten Grössen und denjenigen, die aus den nach
der M[ethode] d[er] kleinsten] Qfuadrate] bestimmten Werthen der unbekannten
Grössen, berechnet werden, bedeuten, nicht mit n sondern mit n — m divi-
[*) Zeitschrift für Astronomie herausg. von B, von Lindenau und J. G. F. Bohnenberqek, Bd. I,
1816, 8. 185; Werke IV, 8. 109 ff.]