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Thermochemie.
das betreffende Glied sich stark ändert, wie das z. B. bei
grossen Werthen von S (in Gasen und in Lösungen) der
Fall sein kann. Häufig liefert bekanntlich das Berthelot-
sche Princip richtige Resultate; dann stimmt es mit dem
zweiten Hauptsatze überein. Wo die Uebereinstimmung
aber aufhört, wird das Berthelot’sehe Princip unrichtig.
153. Wenn man die »chemische Verwandtschaft«
oder »Affinität« in dem Sinne definirt, dass jeder bei
constanter Temperatur ohne äussere Arbeitsleistung vor
sich gehende chemische Process im Sinne der stärkeren
Verwandtschaft erfolgt, so ist demnach das allgemeine
Maass der in einem solchen Process von der Verwandt
schaftskraft geleisteten Arbeit oder der zur Befriedigung
kommenden Affinität (nicht die Wärmetönung, die auch
negativ sein kann, sondern) die Abnahme der freien
Energie U — TS des Systems, die nothwendig positiv
ist. Ist der Process ausserdem reversibel, so ist die ihm
entsprechende Affinität = 0. In diesem Sinne hat
van’t Hoff (203) auf Grund des OsTWALü’schen Ver
dünnungsgesetzes der Elektrolyte (§ 180) für eine Anzahl
organischer Säuren die Affinität in Calorien berechnet,
welche in einer Normallösung einer Säure bei der Ver
einigung aller Ionen zu Säuremolekülen zur Geltung
kommt. Es ist dies die Differenz der freien Energieen
in den beiden idealen Zuständen, welche gänzlich ver
schwindender und vollständig eingetretener Dissociation
entsprechen. Ist diese Affinität 0, so dissociirt sich die
Säure in doppeltnormaler Lösung gerade zur Hälfte.
154. Die so definirte Affinität stellt zugleich die
Grösse der äusseren mechanischen Arbeit vor, die durch
die betreffende Reaction geleistet werden könnte, wenn
sie auf reversiblem isothermen Wege vorgenommen
würde. Denn nach § 150 gilt für jede reversible Zustands
änderung des Systems die Gleichung
dS —
dU pdV
T
AT
= 0,