Full text: Grundriß der allgemeinen Thermochemie

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Thermochemie. 
Nach der Constatirung der Thatsachen schritt Thomsen 
zur Prüfung der Verwandtschaffstheorieen. Die Theorie 
von Berthollet kann der Wirklichkeit nicht entsprechen; 
denn da sie die chemische Masse einfach proportional 
der Zahl der Aequivalente setzt, müsste sie das Theilungs- 
verhältniss 1 ; 1 statt 1 : 2 ergeben. Auch eine Verallge 
meinerung dieser Theorie durch Hinzufügung einer gewissen 
multiplicativen Constanten zu dem Verhältniss der Aequi- 
valentzahlen konnte nur in dem speciellen Fall, dass 
gleiche Aequivalente von Salz und Säure angewendet wur 
den, aber nicht im allgemeinen Fall zu einer Ueberein- 
stimmung mit der Erfahrung führen, weil der Gleichge 
wichtszustand gar nicht abhängt von den Mengen der ur 
sprünglich vorhandenen Verbindungen. Dagegen entsprach 
den beobachteten Thatsachen vollkommen die inzwischen 
von C. M. Guldberg und P. Waage (34) ausgearbeitete 
Theorie der chemischen Gleichgewichtszustände, die in 
gewissem Sinne die vollständige Lösung des Verwand 
schaftsproblems enthält und deren wichtigster Vorzug darin 
besteht, dass sie alle Bedingungen des chemischen Gleich 
gewichts auf die gleichzeitig in der Lösung wirklich vor 
handenen Stoffe, nicht auf die ursprünglich angewandten 
Mengen derselben zurückführt. Nach dieser Theorie 
müssen in jedem chemischen Gleichgewichtszustand die 
Kräfte (Thomsen sagt: »Energieen«) je zweier einander 
entgegenwirkenden Processe einander gerade gleich sein. 
Die Kraft aber, mit welcher ein Process sich geltend zu 
machen sucht, ist proportional den augenblicklich vor 
handenen Mengen der Stoffe, deren Anwesenheit für sein 
Eintreten nothwendige Voraussetzung ist, und ausserdem 
einer gewissen nur von der Beschaffenheit des Processes 
abhängigen Constanten. Daraus ergiebt sich immer eine 
bestimmte Gleichung für das chemische Gleichgewicht. 
Wenn z. B. 4 Stoffe (Schwefelsaures Natron, Salpetersäure, 
salpetersaures Natron, Schwefelsäure), von denen sich je 
ein Aequivalent der beiden ersten in je ein Aequivalent
	        
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