Full text: Paradoxien des Unendlichen

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Es gibt unendliche Mengen. 
jedes im einzelnen sich vorzustellen und diese Vorstellungen 
dann zu verbinden vermag: so ist auch kein Inbegriff, der 
eine unendliche Menge von Dingen als Teile in sich faßte, 
möglich." 
Wie irrig die hier wiederholte Voraussetzung sei, daß 
zu dem Denken eines Inbegriffs das Denken aller seiner 
Teile im einzelnen, d. h. das Denken eines jeden einzelnen 
Teiles vermittels einer denselben vorstehenden Einzelvor 
stellung erfordert werde, haben wir Nr. i schon gesehen; 
auch brauchen wir nicht erst auf das allwissende Wesen 
als auf ein solches zu verweisen, dem selbst die Auffassung 
einer unendlichen Menge von Dingen, jedes im einzelnen, 
keine Mühe verursacht. Allein wir dürfen nicht einmal die 
erste Voraussetzung zugeben, nämlich, daß das Vorhanden 
sein eines Inbegriffes von Dingen auf der Bedingung be 
ruhe, daß ein solcher Inbegriff gedacht werden kann. 
Denn das „ Gedacht-werden - können einer Sache" 
kann nie den Grund ihrer Möglichkeit enthalten; sondern 
es ist vielmehr gerade umgekehrt die Möglichkeit einer 
Sache erst der Grund davon, daß ein vernünftiges Wesen, 
wenn es sich nicht eben irrt, die Sache möglich oder wie 
man (nur uneigentlich) sagt, sie denkbar findet, sie denken 
kann. Von der Richtigkeit dieser Bemerkung und von der 
gänzlichen Unhaltbarkeit der freilich sehr verbreiteten An 
sicht, welche ich hier bekämpfe, wird man sich noch völliger 
überzeugen, wenn man sich die Bestandteile, aus welchen 
der höchst wichtige Begriff der Möglichkeit besteht, deut 
lich zu machen sucht. Daß man möglich dasjenige nennt, 
was sein kann, ist offenbar keine Zerlegung dieses Be 
griffes; denn in dem Worte können steckt der Begriff der 
Möglichkeit noch ganz. Aber noch unrichtiger wäre es, 
die Erklärung aufstellen zu wollen, daß möglich dasjenige 
sei, was gedacht werden kann. Denken im eigent 
lichen Sinne des Wortes, wo es auch schon das bloße 
Vorstellen befaßt, können wir uns auch das Unmögliche; 
und denken es uns ja wirklich, so oft wir darüber urteilen, 
und es z. B. eben für unmöglich erklären; wie wenn wir
	        
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