Full text: Paradoxien des Unendlichen

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Es gibt unendliche Mengen. 
sagen, daß es keine Größe gebe und geben könne, welche 
durch o oder }/ — i vorgestellt wird. Aber auch wenn man 
unter dem Denken hier nicht ein bloßes Vorstellen, son 
dern ein eigentliches Fürwahrhalten versteht, ist es falsch, 
daß alles möglich sei, was wir für wahr halten können. 
Durch Irrtum halten wir ja zuweilen auch das Unmögliche, 
z. B. daß wir die Quadratur des Zirkels gefunden hätten, 
für wahr. Es müßte also gesagt werden (wie ich schon 
oben verbessernd annahm), möglich sei dasjenige, worüber 
ein denkendes Wesen, wenn es der Wahrheit gemäß urteilt, 
das Urteil ausspricht, daß es sein könne, d. h, daß es mög 
lich sei. Eine Erklärung, die einen offenbaren Zirkel ent 
hält! Wir sind also wohl genötigt, die Beziehung auf ein 
denkendes Wesen bei der Erklärung des Möglichen ganz 
aufzugeben und uns nach einem anderen Merkmale umzu 
sehen. Möglich ist, hört man zuweilen auch sagen, „was 
sich nicht widerspricht“. Allerdings ist alles, was 
einen Widerspruch schon in sich selbst enthält, z, B. daß 
eine Kugel keine Kugel sei, unmöglich. Aber nicht alles 
Unmögliche ist nur eben von solcher Art, daß der Wider 
spruch schon in den bloßen Bestandteilen, aus welchen 
wir die Vorstellung desselben zusammengesetzt haben, vor 
kommt. Daß ein Körper, der von sieben ebenen Seiten 
flächen eingeschlossen ist, von gleichen Seitenflächen ein 
geschlossen sei, ist unmöglich; aber das Widersprechende 
liegt nicht schon in den Worten, die hier verbunden wer 
den, offen zutage. Wir müssen also unsere Erklärung er 
weitern. Wollten wir aber sagen, unmöglich sei, was mit 
irgendeiner Wahrheit im Widerspruche steht: so würden 
wir alles, was nicht ist, auch eben darum schon für un 
möglich erklären, weil der Satz, daß es ist, der Wahrheit, 
daß es nicht ist, widerspräche. Wir würden also gar 
keinen Unterschied zwischen dem Möglichen und dem Wirk 
lichen, ja dem Notwendigen sogar zulassen, was wir doch 
alle tun. Wir sehen demnach, das Gebiet der Wahrheiten, 
denen das Unmögliche widerspricht, müsse nur auf eine 
gewisse Gattung derselben beschränkt werden; und nun 
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