Full text: Fiktionen in der Mathematik

Zur Kritik des Yaihingerschen Fiktionsbegriffs 
IY. 
Zur Kritik des Yaihingerschen Fiktionsbegriffs. 
Handelte es sich im zweiten und dritten Kapitel um eine 
kritische Betrachtung der Fundamente der Yaihingerschen 
Fiktionslehre, so sollen jetzt speziell die Merkmale des Fik 
tionsbegriffs beleuchtet werden. Dabei nehmen wir zuerst 
Bezug auf die bisher erschienenen Arbeiten zur Philosophie 
des Als-Ob, um dann im nächsten Kapitel selbst das Verhält 
nis der Merkmale zueinander und die verschiedenen Möglich 
keiten der Festlegung des Fiktionsbegriffs zu erörtern. 
Wir erwähnen zunächst die Arbeiten, die im allgemeinen 
mit Vaihinger übereinstimmen, aber an Einzelheiten seines 
Fiktionsbegriffs Kritik üben, 
Spickerbaum 186 ) sagt, nachdem er ganz im Einklang 
mit Vaihinger die Merkmale der Fiktion entwickelt hat, Vai 
hinger betone das Unwirkliche der Fiktionen, da er ja nur 
Empfindungen als wirklich betrachte. Lasse man aber diese 
Voraussetzung fallen, dann sei eine andere Beurteilung der 
Fiktionen möglich; auch bei Vaihinger seien Stellen, wo das 
Reale der Fiktionen betont werde 187 ). Vaihinger wolle bei 
allen Halbfiktionen etwas Reales annehmen; aber man könne 
darüber hinaus sagen: „Es kann gar keine brauchbaren Fik 
tionen ohne Realität geben“ 188 ). Das Gegebene nähere sich der 
Fiktion durch eine seiner Eigenschaften. Diese sei das Reale in 
allen Fiktionen und ihre Vernachlässigung könne noch schäd 
licher sein, als das Übersehen der Abweichungen von der Wirk 
lichkeit. 
Spickerbaum meint 189 ): „Es legt sich damit die Vermutung 
nahe, daß alle Fiktionen ihre großen Verdienste der Wissen 
schaft und dem Leben eben durch das Reale, das in 
ihnen enthalten ist, leisten können. Wenn Vaihinger das Reale 
in den Fiktionen unberücksichtigt läßt, dann ist sein Fik 
tionsbegriff selbst eine abstrakte Fiktion“; und nach 
her 190 ) spricht er sogar von Fiktionen, die Erkenntnis- 
B et sch. 
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