Zur Theorie der Fiktionen
fiktiv sein können, ziemlich nebensächlich; es kann beides Vor
kommen. Eine Begriffsbildung kann widerspruchsvoll, viel
leicht sogar unvollziehbar sein, aber auch ein Urteil kann auf
Widersprüche oder Behauptungen führen, die den Eigen
bereich überschreiten und daher den Methoden der betreffen
den Wissenschaft unzugänglich sind.
Die bei den Fiktionsbegriffen A und B noch auftretenden
Unzulänglichkeiten, sowie die Frage, wie denn in der Mathe
matik der Eigenbereich zu bestimmen sei, führen uns natur
gemäß zu dem Versuch, die Fiktion logisch zu fun
dieren. Von welcher Auffassung der Logik sollen wir dann
ausgehen?
Nehmen wir die logischen Sätze als empirisch
und induktiv und den Wahrheitsbegriff im pragmatisti-
schen Sinn, wie wir ihn bei Nietzsche und Vaihinger fanden,
so wird damit das Objektive identisch mit dem Wirklichen.
Alles was nicht im Sinne des kritischen Positivismus von Vai
hinger wirklich ist, wird als subjektiv, damit aber als
fiktiv betrachtet. So sagt Vaihinger z, B. 264 ): „Diese Vor
stellungswelt ist ja, wie wir annahmen und fanden, subjektiv
ihren Formen nach; real ist nur das beobachtete Unabänder
liche; also ist die ganze Fassung, welche wir dem Wahrgenom
menen geben, nur subjektiv; Subjektives ist fiktiv; Fiktives ist
falsch; Falsches ist Irrtum.“ Auch an anderen Stellen finden
wir ähnliche Auffassungen; so meint er in seinen Ausführun
gen über das fiktive Urteil 255 ); „Beim fiktiven Urteil...,
wird also die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Verglei
chung, eines Urteils ausgesprochen, mit der gleichzeitigen Be
merkung, daß dieses Urteil aber nur subjektive Gültigkeit,
keine objektive Bedeutung besitze...“
Wenn wir uns auch nicht mit Vaihingers Auffassung der
Logik und des Wesens der Wahrheit einverstanden erklären
können, so müssen wir doch im vorstehenden eine besondere
Fundierung des Fiktionsbegriffs feststellen, die uns bei Vai
hingers Behandlung mathematischer Beispiele wieder be
gegnen wird; wir bezeichnen sie als Fiktion Ci. Sie hat
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